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Lancelin Ocean Classic

Lasse Brudek nahm in Australien sehr erfolgreich an der 30. Lancelin Ocean Classic teil. Hier ist der zweite Teil seines Berichts, der uns ein wenig Slapstick-Kopfkino à la Buster Keaton beschert…

Wie bereits in Teil eins meiner Story erwähnt, war das Waveriding ein voller Erfolg und so folgte die Party und der Tag danach mit seinen Kopfschmerzen. Abgesehen davon, hielt ich endlich das versprochene 7,0er Prototypen-Segel von Ben Severne in den Händen und machte mich motiviert ans Aufbauen.

Der erste Rückschlag folgte nach wenigen Minuten, denn die „ART" Verlängerung, die Werner vom Surfverleih mir gegeben hatte, war drei Zentimeter zu kurz. So ging die Suche nach neuem Equipment wieder los. Ich fühlte mich ein wenig wie an Ostern oder bei einer Schnitzeljagd.

Das skurrile Gefühl der Ostereiersuche in Australien endete schnell und nicht weniger skurril. Der lokale Polizist sagte mir, dass er noch eine Verlängerung in seiner Garage hätte. Diese wollte er aber momentan nicht holen, denn es war Wind und die Parkplätze knapp.

Also sprang ich in ein geliehenes Auto und fuhr zu seinem Haus, wo ich über zwei Zäune gesprungen und übers Dach geklettert bin und dann die offene Tür zur Garage des Polizisten fand. Die Verlängerung war dann auch schnell gefunden und so machte ich mich wieder auf den Weg zum Strand. Wo dann auch beim ersten Durchtrimmen, der Tampen riss...

Das stellt ja normalerweise kein Problem dar, denn man hat ja eigentlich genügend Ersatztampen dabei. Wobei die Betonung hier auf "normalerweise" und "eigentlich" liegt. Denn als Backpacker in Australien hatte ich exakt Null Meter Ersatztampen dabei und in Lancelin bekommt man aufgrund eines fehlenden Windsurfshops auch keine. Es war also improvisieren angesagt. Ich schnappte mir also wieder die "ART" Verlängerung und pulte mit Hilfe von Schraubendreher und Zange den Tampen raus.

Der hielt dann auch entgegen meiner Erwartungen und so konnte ich mich nach zwei Stunden Aufriggen mit dem Brett beschäftigen, welches ich von Werner für den Freitag zum trainieren bekommen hatte. Es war ein ca. 10 Jahre altes Slalomboard, bei welchem die Fussschlaufenschrauben so kaputt waren, dass ich sie nicht mehr festziehen konnte und auch die Finne aufgrund zu langer Finnenschrauben nur ziemlich wackelig im Kasten saß.

Alles in allem war das kein regattataugliches Brett, was aber ja auch nicht so dramatisch war. Mich hatten alle am Strand bereits für verrückt erklärt, da ich mich bei über 30 Knoten auf Slalom einfahren wollte, obwohl für den Renntag gerade mal 15 Knoten angesagt waren.

Letztendlich ging ich dann natürlich trotzdem raus, denn es war schließlich der letzte Tag vor dem Rennen. Das Einfahren verlief auch sehr zufriedenstellend und nach ein bisschen Feintuning, war das Segel dann auch für den folgenden Tag eingestellt. Ich fuhr also entspannt zum Hostel zurück, aß ein Müsli zu Abend, weil ich nichts anderes mehr hatte und legte mich anschliessend in meinem Van, den ich in der Zwischenzeit aus der Werkstatt geholt hatte, schlafen.

Am Tag des Rennens klingelte der Wecker um sieben Uhr und so quälte ich mich aus meinem Bett in die Küche, trank einen kräftigen schwarzen Tee und aß - ein Müsli.

Gut gestärkt oder eben auch nicht, machte ich mich auf den Weg zu Werner, denn mir war zum Glück beim Frühstück noch eingefallen, dass ich ja noch die Leuchtraketen und eine Schwimmweste für das Long Distance Rennen brauchte. Die Ausrüstung lag bei Werner im Container und war somit schnell besorgt.

 

Lancelin Ocean Classic

Die Leuchtraketen hatte Werner zwar auch, aber die waren auf seinem Boot und das liegt, wie man vermuten könnte, natürlich im Wasser. Also musste ich noch mit meinem Auto den halben Strand runterfahren, meinen Neoprenanzug anziehen, zu Werners Boot schwimmen, die Leuchtraktenen einpacken, den Neo wieder ausziehen und nochmal zu Werner, um mit ihm abzusprechen welche die Richtigen sind.

Das wusste Werner aber auch nicht wusste und so packte ich einfach die Orangenen ein und fuhr zum Ledge Point, wo der Startpunkt sein sollte. Das war nicht trivial. Ich musste den Weg finden. Allerdings ist es ja bekannt, das es in Australien immer nur geradeaus geht und Zweifel über die gelungene oder nicht gelungene Navigation, treten nur auf, wenn man zu weit geradeaus gefahren ist.

Dies sei aber erst einmal hinten angestellt, denn ich machte mich mit Schwimmweste und Leuchtraketen, fröhlich auf den Weg. Wo mir dann nach halber Strecke auch auffiel, dass ich den Windsurfkram am Vortag zum schlafen aus dem Auto gelegt hatte und die Sachen somit noch warm und trocken im Garten der Lodge lagen. Ich drehte also schnell wieder um, packte die Sachen ein und machte mich erneut auf den Weg.

Hier traten dann die üblichen Zweifel auftraten aber letztendlich kam ich gut an und ergatterte auch den letzen freien Parkplatz. Dieser war gar nicht mal so weit vom Wasser entfernt und so machte ich mich auf den Weg zur Anmeldung. Dort angekommen stand ich erstmal ratlos vor 10 Zelten, die alle nummeriert waren und angeblich eine klar ersichtliche Reihenfolge darstellen sollten.

Nach einiger Zeit hatte ich dann auch das erste Zelt gefunden, wo meine Schwimmweste und meine Leuchtfeuer geprüft wurden. Letztere waren natürlich abgelaufen und ich hielt sie dann einfach mal so fest, dass meine Hand ganz zufällig das Ablaufdatum verdeckte. Sie winkte daraufhin nach einer Sekunde ab und beschränkte sich darauf, dass die Feuer unbenutzt aussahen und somit auch ok seien.

Somit konnte ich dann ein paar Zelte überspringen und fand mich an der Ausgabestelle der GPS Transponder wieder. Dort wurde mir mit Edding die Nummer 21 auf die Hand geschrieben und der Transponder ausgehändigt. Der wurde dann im nächsten Zelt befestigt, da anscheinend manche Menschen nicht in der Lage seien sollen, einen Klettverschluss alleine zu schliessen.

Beiläufig erwähnte sie nochmal, dass ich wiederkommen solle, wenn die Nummer auf meiner Hand abgeht, denn wenn diese im Ziel nicht lesbar sei, hätte ich ein Problem. Ich verschwendete daran aber erstmal keine Gedanken, denn ich dachte, der Edding hält ja sowieso.

Also durfte ich noch die letzten Zelte ablaufen und ich freundete mich mit einem viel zu großen Regattashirt an, da keine passende Größe mehr vorhanden war. Aber auch das ließ sich verkraften und so machte ich mich daran, bei etwa 40 Grad im Schatten und 5 Knoten ablandigem Wind, mein Segel vorzubereiten. Also schnell einmal komplett aufbauen, alles checken, die Nummer einkleben und alles wieder komplett entspannen und in den nicht vorhandenen Schatten legen.

Nebenbei sei noch erwähnt, dass Werner seine Gabel am Tag des Rennens doch noch brauchte und so musste ich meine Wavegabel auf längster Stufe verwenden. Dies kostete mich zwar ein wenig Performance aber immerhin konnte ich das Segel benutzen.

Als das dann soweit fertig war konnte ich mich daran machen, das Brett vorzubereiten. Ich nutze bei der Regatta ein 110 Liter Patrik Slalomboard, welches mir Patrik und Karin mitgebracht hatten. Die beiden retteten mich somit vor einem Rennen mit losen Fussschlaufen und wackelnder Finne.

Als dies dann auch fertig war, begrüßte ich alle meine Freunde die aus Lancelin zum Start gekommen waren, und nach einer weiteren Stunde des Wartens, stand die Vorführung zum Gebrauch von Leuchtfeuern an. Zunächst wurde erklärt, was beim letzten Jahr bei der Vorführung alles schiefgelaufen war. Also sollte in diesem Jahr alles glatt gehen.

Das erste Feuer funktionierte nicht. Das zweite wurde zu heiss und zündete nicht richtig und das dritte war abgelaufen und sollte also nicht mehr gezündet werden. Soweit so gut. Im Anschluss folgte dann ein kurzes Skippersmeeting, bei welchem das Startsystem und die Flaggen erklärt wurden.

Ich verstand es zum Glück beim ersten Mal und musste mich nicht der großen Fragerunde anschliessen und machte mich daran, mein Material komplett zu trimmen. Anschliessend fuhr ich mich dann nochmal zwei Schläge ein und stellte mich in meine "Startbox".

Kurz darauf erfolgte auch schon das 15 Minuten Signal und ich startete meine Uhr. Nach 17 Minuten fing ich an nervös zu werden, denn der Start verschob sich immer weiter und alle stellten sich ausgerechnet so hin, dass ich die Startflagge nicht sehen konnte. Ich beschloss einfach dann loszufahren, wenn alle anderen auch losrennen.

Dies war dann nach weiteren 10 Minuten der Fall und so stürzte ich mich ins Getümmel. Der Start verlief ganz gut und so lag ich bereits an dem ersten Halsenboot in den Top 15. Auf den weiteren Schlägen ergab sich die Problematik, dass die Backbordschläge zu tief Raumwind lagen und ich aufgrund des fehlenden Achterliekstrimmsytems leider immer ein bisschen höher als alle anderen im Feld fahren musste und so immer wieder ein paar Meter verlor. Jedoch wurde meine Kampfinstinkt geweckt, als ich nach der Halsentonne Karin Jaggi vor der Nase hatte und so auf den letzten Schlägen nochmal alles gab.

Dies endete schließlich darin das ich eine Fünfergruppe anführend, Vollgas aufs Land zuheizte und brutal stoppte als ich mich Überschlug, weil die Finne im Ufersand stecken blieb. Das Aufstehen kostete mich dann leider auch ein paar Sekunden und so musste ich meinen an Land befindlichen Zieleinlauf in einem Kopf-an-Kopf-Sprint bestreiten. Diesen gewann ich dann auch mit etwa fünf Zehntel Vorsprung und sicherte mir somit Platz 20 Overall, von über 200 gemeldeten Teilnehmern. Die reichte dann zwar nicht ganz für Preisgeld, aber dafür für eine Menge Spaß und Erfolgsgefühle, welche ich dann mit allen meinen Bekannten auf der großen Party am Strand und anschliessend in der Taverne feierte. Hier stellte ich dann auch fest, warum das Rennen am Samstag ist und Sonntag windsurftechnisch nichts stattfindet.

Der erste Schritt in die Saison ist also voll geglückt und ich freue mich auf die kommenden Regatten…

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