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Rügen

Sie: „Sag mal, was machen wir eigentlich im Herbst?“
Er: „Wieso? Dänemark, wie immer, oder?“

So oder so ähnlich läuft die Urlaubsplanung für die windigen Herbsttage wohl bei dem einen oder anderen Windsurfer in Norddeutschland Jahr für Jahr ab. Bilder von perfekten Tagen in Hanstholm oder am Muschelriff in Klitmøller schießen einem durch den Kopf, und man kann sich kaum etwas schöneres als Ziel für einen kleinen Trip im Herbst vorstellen.

Spätestens aber wenn der Partner oder Freunde nicht ganz so heiß aufs Windsurfen sind, stellt sich die Frage nach Alternativen. Diese sollten sowohl gute Windsurfbedingungen mit Welle als auch Flachwasser-Spots bieten und jede Menge Möglichkeiten für die windlose Zeit aufweisen. Und ganz nebenbei soll das Ziel auch noch mit dem Auto in überschaubarer Zeit erreichbar sein.

Nach einem kurzen Blick auf Google Maps und insbesondere durch die guten Erfahrungen von den Big Days, die bei absoluten Sahnebedingungen in Neu Mukran stattgefunden hatten, stand Rügen schnell ganz weit oben auf unserer Liste.

Die Suche nach einer geeigneten Unterkunft gestaltete sich relativ einfach. Das Angebot ist groß und man merkt schnell, dass die Insel in der Hochsaison ein Touristenmagnet ist, wie kaum eine andere Region in Norddeutschland. In der Nebensaison gibt es daher ein riesiges Angebot zu überschaubaren Preisen.



Rügen

Wir haben uns für die Halbinsel Mönchgut ganz im Südosten entschieden, da dies die schönste Ecke Rügens sein sollte. Die bekannteren Orte Binz, Baabe und Sellin oder auch das Jagdschloss Granitz sind von hier aus mit dem Rad zu erreichen. Für weitere Touren muss man halt ins Auto steigen.

Aber da Windsurfer ja ohnehin meist nicht auf ihr Windsurfmaterial verzichten wollen, wird man auf Rügen ohnehin relativ viel mit dem Auto fahren, um die Spots abzuklappern und die Insel möglichst komplett zu erkunden.

Es bietet sich an, auf jeden Fall mindestens einen Tag im Naturschutzgebiet „Zickersche Berge“ auf Mönchgut zu verbringen. Hier haben wir tatsächlich die aus unserer Sicht schönsten Ecken der Insel entdeckt.

Auch windsurftechnisch bietet Mönchgut bereits sehr viel. Es gibt reichlich Flachwasserspots, die teilweise traumhafte Flachwasser-Bedingungen aufweisen. „Der Kite- und Windsurfguide Europe“ bietet eine sehr gute Übersicht. Abgesehen von den dort ausgewiesenen Spots gibt es noch eine Menge weiterer Möglichkeiten, wo man gut ans Wasser kommt und sich die Bedingungen häufig mit nur sehr wenigen anderen Surfern teilen muss (z.B. in Middelhagen).

Besonders aufgefallen ist uns, dass sowohl die Locals als auch die Zugereisten extrem freundlich waren und jederzeit ihre „Secret Spots“ für den jeweiligen Tag und die gerade herrschenden Bedingungen geteilt haben. In der Nebensaison wird es hier wohl kaum einmal so voll, dass es Stress gibt.



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Rügen

Leider haben wir, anders als bei den BigDays, keinen Nordostwind gehabt, so dass Neu Mukran nicht zum Leben erweckt wurde. Dafür traf Sturmtief Christian die Insel mit voller Wucht aus südlicher bis südwestlicher Richtung. Damit kam der Wind leider zu südlich, um an einem der Wavespots gute Bedingungen zu liefern. Aber auf dem Bodden bei Wiek ging am 28. Oktober richtig die Post ab.

Anfangs war das 4,0er Segel auf dem Freestyler noch kontrollierbar, aber am Nachmittag ging selbst ein 3,6er mit Waveboard nicht mehr. Gegen 16:00 Uhr entfaltete der Orkan dann seine volle Kraft. Von Süden her zog eine graue Wand heran, die wie extremer Starkregen aussah. Als es an Land aber trocken blieb, war klar, dass es sich um fliegendes Wasser handelte, das locker 10-15 Meter in die Höhe gepeitscht wurde. Zum Glück hatten wir gerade noch rechtzeitig unser Material sicher im Bus verstaut. Auch wenn die Wetterstation auf Hiddensee bis zu 139 km/h Wind gemessen hat, richtete der Sturm auf Rügen deutlich weniger Schäden an, als beispielsweise in der Region um Flensburg.

Bei solchen Hammerböen war die Rückfahrt nach Mönchgut aufgrund der vielen umherfliegenden Äste schon etwas beängstigend. Ein richtiges Geschenk brachte dann der Tag nach „Christian“. Perfekt passender Südwestwind für das 4,4er Segel bescherte uns eine traumhafte Session in Kreptitz. Von dem Spot hört man nicht besonders viel, vermutlich weil er nicht allzu oft funktioniert. Kreptitz bietet bei der passenden Windrichtung Sideshore-Bedingungen und Welle in einer Mischung aus Weißenhaus und Heiligenhafen. Man hat mehr Anlauf als in Weißenhaus, die Wellen sind etwas weniger kräftig, aber deutlich größer als in Halli und laden durchaus mal für 2-3 satte Turns ein. Und auch zum Springen ist der Spot richtig gut. Ein grandioser Spielplatz!

Nebenbei hat man ein tolles Ambiente vor der Steilküste Rügens. Ein bisschen tricky ist es, die relativ lange und steile Metalltreppe zum Strand bei viel Wind unfallfrei zu bewältigen. Aber zumindest wenn man Board uns Segel getrennt trägt, stellt auch dies kein unüberwindbares Hindernis dar.



Rügen

Der Tag in Kreptitz war mit Abstand der Beste unseres Rügen-Trips. Insgesamt konnten wir an 6 von 7 Tagen mit Freestyle- oder Wavematerial Windsurfen und somit braucht sich die Statistik vor keiner Fernreise zu verstecken.

Ein weiteres Highlight unseres Trips war eine Tour entlang der Küste von Göhren über Sellin nach Baabe und Binz. In der Nebensaison kann man die Wälder entlang der Steilküste gut per Rad erkunden (eigentlich sind die Wege für Räder gesperrt). Es gibt viele Streckenabschnitte, auf denen Mountainbikes Sinn machen, und man wird immer wieder mit fantastischen Ausblicken belohnt.

Fazit: Rügen ist nicht Klitmøller. Gute Wave-Bedingungen findet man auf der Insel nur bei relativ speziellen Windrichtungen. Neu Mukran ist ein Kracher bei starkem Nordost, Kreptitz macht bei SW in einem relativ schmalen Windfenster sehr viel Spaß.

Bei Süd-, Südsüdwest oder Südostwind und bei West bis Nordwest bieten andere Regionen deutlich mehr Alternativen mit Welle. Dafür gibt es aber jede Menge richtig guter Flachwasserspots für mehr oder weniger alle Windrichtungen – zum Freestylen und Freeriden ist Rügen ein absolutes Paradies.

Außerdem bietet Rügen neben dem Windsurfen eine große Zahl an Sehenswürdigkeiten und Ausflugszielen, sowie eine sehr abwechslungsreiche Natur für wirklich schöne Biketouren und Wanderungen.

Es gibt viele Restaurants und von Kinos über Erlebnisbäder bis hin zum „Rasenden Roland“ findet man alles, was man sich als nicht-surfende Begleitung oder mit Familie wünschen kann.

Für Klitmøller Fans ist die Insel sicher ein Kompromiss – aus unserer Sicht aber ein sehr guter!



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