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Sibirien
Wer an Sibirien denkt, denkt meistens nicht ans Windsurfen. Bei Ralf Simon war das anders. Er erkundete die Spots am Baikalsee, fand eine andere Welt und viele neue Freunde.

Ich sitze im Flugzeug und wir fliegen zurück in Richtung Westen, zuerst nach Moskau, dann geht es weiter nach Deutschland. Drei Wochen Sibirien liegen hinter mir. Mit dem Mietwagen und einer Zeltausrüstung war ich auf der Suche nach Windsurfspots in einem Land, bei dem keiner auf Anhieb ans Windsurfen denkt.

Welcher Eindruck ist am stärksten hängen geblieben? Feuer! Gute Feuer: klein und groß, offene Grills am Straßenstrand, Lagerfeuer vor und hinter den Häusern, in der Stadt, auf dem Land und am Strand, einfach überall. Selbst die zahllosen LKW-Fahrer, die mit einem von den unsäglich schlechten Straßen geplätteten Reifen liegen geblieben waren, machen als erstes ein Feuer, und dann geht es an die Arbeit.

Was ist noch hängen geblieben? Freundschaften. Ich bin noch nie von so vielen fremden Leuten angesprochen und eingeladen worden. Sibirien ist schön, aufregend, grob und herzlich...

Aber fangen wir am Anfang an... Sibirien als Windsurfer zu bereisen ist eine echte Herausforderung - und teuer.

Die Airlines nehmen, wenn überhaupt, Windsurfmaterial nur zu totalen Wahnsinnspreisen mit. Was sich bei der Ticketbestellung noch recht erträglich anhört, wird bei genauem Nachfragen und spätestens beim Einchecken zum Alptraum. Weit mehr als 1000 Euro für ein einziges Übergepäck werden verlangt.

Selbst meine abgespeckte Campingausrüstung mit 16kg in einer Tasche hat mich 700 Euro gekostet. Zum Glück habe ich auf mein Windsurfmaterial verzichtet, weil mir Ilya, mein Freund aus Irkutsk, das Material leiht. Was das gekostet hätte, möchte ich lieber gar nicht wissen.



Sibirien

Ich habe einen Kleinwagen gemietet, der sich auf den Straßen zwar als fahrbar, aber völlig ungeeignet herausstellt. Die Straßen sind mit schubkarrengroßen Schlaglöchern übersäht, links und rechts liegen gestrandete Autos und alle paar Kilometer gibt es Autoreifen zu kaufen. Der Anblick ist so imposant, dass du als erstes anhältst und nochmal im Kofferraum nachschaust, ob der Ersatzreifen auch wirklich aufgeblasen und genug Essen an Bord ist.

Nach gerade mal 80 Kilometern erwischt es mich dann auch, ich gucke drei Sekunden nicht auf die Straße und brate mit 70 Sachen so derb in ein Schlagloch, dass ich fast mit dem Gesicht an der Windschutzscheibe klebe. Ich nutze die Gelegenheit und fluche auf russisch, um mich schonmal warm zu machen. Mit einem großen Hammer bekomme ich die Stahlfelge wieder einigermaßen gerade geprügelt, der Reifen springt zurück an seinem Platz. Glück gehabt.

In Russland darfst du einfach NIE den Blick von der Straße nehmen. Das ist Regel Nummer eins.

Eine Strecke von 350 Kilometern auf einer Landstraße in Sibirien bedeutet viel Verkehr und etwa sieben Stunden Fahrt. Es gibt Pisten mit und ohne Asphalt, gewürzt mit in Europa vollkommen undenkbaren Situationen.

Brennende LKWs, bei denen die Bremsen die Ladung entzündet haben, stehen auf der Straße. Plötzlich ausweichende Fahrzeuge enden auf der Gegenspur - also genau vor dir. Fahrer fallen beim Aussteigen aus ihren Fahrzeugen, weil sie so schwer betrunken sind, dass sie nicht mehr gehen können.

Das sind aber keine Ausnahmen, sondern wiederholt sich ständig alle paar Kilometer.



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