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USA
Chrissy Field. Der ehemalige Militärflughafen liegt direkt am Südende der Golden Gate Bridge.
Surfin‘ San Francisco – Oder: Die Chronologie eines perfekten Tages
Nachdem mein Bruder Gelegenheit hatte, seine Highschool-Erinnerungen aufzufrischen, machten wir uns auf den Weg in Richtung San Francisco. Für den Nachmittag waren Winde aus westlicher Richtung mit 20 kn und Sonne für San Francisco angesagt. Bevor es allerdings aufs Brett ging, stand für uns noch ein Zwischenstopp im Nappa Valley an.

Beim entspannten Plausch mit dem Besitzer eines kleinen Weinguts, überzeugten wir uns von der Qualität der kalifornischen Rotweine. Leicht angeheitert fuhren wir meinem persönlichen Highlight der Reise entgegen: Dem Spot Chrissy Field. Der ehemalige Militärflughafen liegt direkt am Südende der Golden Gate Bridge und wird heute als Naherholungsgebiet und Aufriggwiese der San Francisco Windsurf-Community genutzt. Seitdem mir ein französischer Windsurfer 2009 von der Möglichkeit erzählt hatte unter der Golden Gate Bridge zu surfen, zählte das Unterfangen zu den absoluten „Must Do’s“ auf meiner Liste.

Entsprechend aufgeregt und voll Vorfreude stand ich nun am Strand. Die Brücke zu meiner Linken, Alcatraz zu meiner Rechten. Ein paar Windsurfer waren weit draußen zu erkennen. Da der Wind aber schräg ablandig blies, war die Stärke schwierig einzuschätzen. Ich entschied mich sicherheitshalber für mein Patrik Slalom 115 II als Untersatz mit dem großen 8,6er Segel. Schließlich wollte ich voll angenagelt unter der Brücke langschießen und nicht manövrierunfähig zwischen den ganzen Fischerbooten, Ausflugsdampfern und riesigen Containerschiffen rumdümpeln.

Mit einer Mischung aus Vorfreude und Aufregung ging ich auf Wasser und dümpelte die ersten 100m, bis mich die erste Böe erwischte. Perfekt – die Vorhersage hielt was sie versprochen hatte. Draußen blies es mit satten 20 kn! Als die anderen Surfer näher kamen, entpuppten sich Ihre Segel als 5.3er Freestyle-Tücher. Von meinem Startpunkt war es ca. 1 km Kreuz zur Brücke. Je näher ich kam, desto stärker wurde Wind und Strömung, und desto höher und kabelliger wurden die Wellen. Insbesondere am Nordufer werden die Wellen aus Pazifik und Fahrrinne an der felsigen Steilküste reflektiert.

Steile 1,5 m Wellen von allen Seiten sind das Resultat und sorgen dafür, dass man nicht zu sehr ins Träumen gerät. Trotzdem vergaß ich alles und jeden um mich herum, als ich das erste Mal unter der Golden Gate Bridge hindurch in Richtung offenem Pazifik hämmerte. Die mächtigen Pfeiler der Brücke in Luv, Blick auf Alcatraz und San Francisco Downtown durchs Segelfenster und das alles, während man auf seinem eignen Material steht – die wohl beste Variante des Sightseeings.

Da ich mich an dem Anblick nicht satt sehen konnte, surfte ich, bis mit der Dämmerung der Wind einschlief. So bekam ich noch gratis eine eindrucksvolle Demonstration, wieso sich eine Flucht von Alcatraz schwimmend vermutlich sehr schwierig gewesen sein muss. Trotz des großen Materials hatte ich im Dümpeln meine Schwierigkeiten, das rettende Ufer zu erreichen, da geschätzte 5 kn Strömung erbarmungslos an meiner Finne zogen. Im Gegensatz zu den Ausbrechern schaffte ich es mit ein paar hundert Metern Fußmarsch trotzdem zurück zum Auto. Mein Bruder und ich ließen den Abend dann bei Bier und Livemusik ausklingen – das Grinsen wich noch immer nicht aus meinem Gesicht.
USA
Von meinem Startpunkt war es ca. 1 km zur Brücke. Je näher ich kam, desto stärker wurde Wind.
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