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Isla Margarita
Was ist los in El Yaque? Präsident Hugo Chavez führt Venezuela in den Sozialismus, 99% der Direktflüge wurden eingestellt und das Windsurf-Paradies ist in der Krise. El Yaque Local Tom Brendt berichtet.

Vor nur wenigen Jahren brachten die Worte „Isla Margarita“ oder „Playa El Yaque“ die Windsurfwelt zum träumen. Mittlerweile wird man bei der Erwähnung von El Yaque als Urlaubsdomizil oft schräg angeschaut. Jüngere Windsurfer können den Namen gerade noch mit den Windsurf-Helden Gollito Estredo, Ricardo Campello und Yoli de Brendt verbinden.

Das kleine Fischerdorf, welches Ende der 80er Jahre als eines DER windigsten Fleckchen der Erde bekannt wurde und in rasendem Tempo einen irren Windsurf-Boom hinlegte, gerät in Vergessenheit.


Was ist tatsächlich los im Freestyle El Dorado? Was sind die Gründe für diesen Wandel?

Auf der Suche nach Information über das Land Venezuela und seinen Inselstaat Nueva Esparta, zu welchem die Isla Margarita gehört, wird man immer wieder auf einen Namen stoßen: Hugo Chavez, venezolanischer Präsident. Tatsächlich kommt man selten so wenig an der Politik vorbei, wie in Venezuela. Das aktuelle politische Ziel sieht den absoluten Sozialismus vor, welcher durch den Ölreichtum finanziert wird. Eine der negativen Folgen dieses Systems bekommt die Tourismus-Industrie zu spüren.


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Die extrem hohe Inflationsrate, festgelegte Wechselkurse und die Schwierigkeit sich Devisen zu beschaffen und diese dann auch besitzen zu dürfen, konvertiert viele Venezolaner zu Heimattouristen. Das eigene Lande wird als Urlaubsziel bevorzugt, während man vor einigen Jahren noch lieber die karibischen Nachbarn, Panama oder die USA, als Reiseziel hatte. Die Lebenshaltungskosten und somit auch Restaurant- und Bar-Preise stiegen deutlich an. Vom Wassersport halten die meisten Landsleute allerdings nicht viel. Die Wassersport Center haben weniger Kunden als früher.

In vielen Emails, die ich erhalte, wird um Informationen zu Venezuelas Kriminalität gebeten. Und tatsächlich, die Kriminalitätsstatistik gleicht der Miamis, Kapstadts oder auch anderer südamerikanischer Länder.

Überfälle und Morde zwischen befeindeten Banden der Barrios (Stadtviertel) sind Realität und betreffen meist die großen Städte, zu denen nun auch Porlamar zählt. Die Stadt ist mittlerweile auf 450.000 Einwohner gewachsen. Für Touristen bedeutet das, wie in anderen Großstädten dieser Erde auch, diese Viertel zu meiden. Wer dies beherzigt ist ziemlich sicher unterwegs.


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Die Tatsache das mittlerweile 99% aller Direktflüge aus dem Ausland auf die Isla Margarita eingestellt wurden und ein Umweg über den Flughafen Caracas in Kauf genommen werden muss, half den Windsurf und Kitesurf Centern in El Yaque auch nicht unbedingt weiter. Auch der Flughafen Caracas bekommt kommt bei vielen Kritiken nicht positiv weg. Hier sind allerdings die meisten Infos veraltet. Die Abzockereien oder Überfälle beim Wechsel zwischen den Terminals sind durch Absperrungen und einen neuen Verbindungstunnel zwischen den Terminals verhindert worden. Tatsächlich laufen die ganzen Einreiseprozeduren wie Passkontrollen und Zoll wesentlich reibungsloser ab, als auf der Isla Margarita, wodurch man sogar wieder ein wenig Zeit aufholen kann...

Und dann spielt natürlich das Wetter und vor allem der Wind eine große Rolle. Nach etlichen superwindigen Jahren hat uns in den letzten beiden Wintern das Wetterphänomen La Niña besucht. Ein wirklicher ungebetener Gast, denn ihr großer Bruder El Niño ist uns als Windsurfer aufgrund des Windes wesentlich willkommener.

La Niña bedeutet für den Westteil Südamerikas eine Menge Regen und sehr unbeständigen Wind, während es in anderen Teilen der Welt nur so ballert. El Niño ist das komplette Gegenteil und beschert der Insel ein Jahr Dürre und sehr heftigem Wind. Die Prognosen für das kommende Jahr sehen gar nicht so schlecht aus. Drei Jahre La Niña am Stück gab es noch nie.


Isla Margarita
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Insgesamt kann ich auf eine etwas merkwürdige Saison in El Yaque zurückblicken. Während der Ort in den vergangen Jahren auch abends und nachts zu Leben schien, waren in dieser Saison nach Sonnenuntergang die Straßen fast leer gefegt. Die meisten Restaurants waren nur mäßig besetzt und einige der Strandbars machten abends etwas früher zu als erwartet. Einzige Ausnahme waren die nationalen Ferien um Weihnachten, Karneval und vor allem Ostern.

Dafür hatten wir an den windigen Tagen richtig viel Platz auf dem Wasser. Selbst in den Monaten März und April, in welchen früher die New Yorker Rushhour nichts im Vergleich zum Verkehr auf dem Wasser war, machte es nichts aus, wenn man vor seinem Manöver die Überprüfung des freien Raums vergessen hatte.

Trotz der Tourismus-Flaute wird im Ort mächtig weiter gebaut - Posadas, Bars und eine kleine Shopping Mall entstehen.

Die Windsurf Center konvertieren mehr und mehr zu Wassersport Centern mit Windsurfen, Kite, Surf und SUP. Letzteres hat mir sicherlich die Saison gerettet. Dass der Norden, Osten und der dürre Westteil der Isla Margarita zahlreiche Wave-Spots zu bieten hat, ist sicherlich keine Neuigkeit, aber gerade die Spots mit etwas größerer und langsamerer Welle haben wir bisher mit den kleinen Surfboards eher links liegen lassen. Mit den SUPs sind die ein wahrer Traum.


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Gerade entlang der Nordwest-Küste um die Stadt Juan Griego herum findet man solche Wellen in fast jeder Bucht, mal als Beachbreak, mal als Reefbreak. Unser Top Spot ist aber El Faro, am Leuchtturm direkt beim Fischerdörfchen La Guardia. Der etwas steinige Einstieg wird bei den ersten Ritten auf ewig langen Wellen über den vorgelagerten Sandbänken schnell vergessen. Auf dem Rückweg nach einer solchen Session kommt dann doch immer wieder das Gespräch darauf zurück wie schade es eigentlich ist, dass im Moment nicht mehr Menschen diese Spots und die Schönheiten der Insel mit uns teilen wollen.

Was die Zukunft für El Yaque birgt? Niemand weiß das so genau. Die El Yaque Locals Gollito Estredo, Ricardo Campello, Yoli de Brendt und auch Diony Guadagnino investieren jedenfalls weiter in die Zukunft des Ortes und gerade Diony arbeitet intensiv daran die Spots rund um die Insel, den Sport an sich und auch die weiteren grandiosen Spots in Venezuela zu vermarkten und an die Öffentlichkeit zu bringen.

Beim Schreiben des Textes sitze ich im kalten und verregneten Deutschland und denke mich gerne wieder zurück an den mit Palmen gespickten Sandstrand eines kleinen venezuelanischen Dörfchens. Sozialismus und Wetterphänomenen zum Trotz hat die Isla Margarita für mich nichts an Faszination eingebüßt.


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