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Ayvalik - Türkei
Wolfgang Strasser erlebte im Sommer in der Türkei eine Irrfahrt zum perfekten Freestyle-Glück. Eigentlich sollte die Reise im Juli / August nach Datça gehen, aber dann kam es anders.

Der gute Kontakt zu den Datça-Lokals und der tägliche Windcheck für die Region Datça ließ im Juni eher Frust aufkommen, da das tägliche Windsystem nicht mehr als ein oder zwei Tage Wind hervorbrachte. Da jedoch die Fähre und Flug gebucht waren, gab es für uns kein zurück. Also ging es los, aber der Blutdruck war schnell auf gefühlt 200.

Wir hatten die Fähre bereits Anfang des Jahres über ein Reisebüro gebucht und sie sollte von Triest ablegen. Pünktlich treffen wir an der Ablegestelle am Hafen von Triest ein, aber keine Fähre war zu sehen. Nach Auskunft des Hafenbüros wurde der Fährbetrieb von Triest aus eingestellt. Super, die Fähre sollte um 19:00 Uhr in Ancona ablegen und es war mittlerweile 11:30 Uhr. Ancona liegt etwa 530 Kilometer von Triest entfernt und es war unklar, ob wir das zeitlich überhaupt schaffen können.

Auf der Autobahn gab es dann nach wenigen Minuten eine Totalsperrung. Für uns war das eine Katastrophe, denn die Fahrt über die Landstrasse bis Venedig kostete viel Zeit. Abgesehen davon herrschten im Bus 40° C und die Angst nicht pünktlich in Ancona zu sein, sorgte ebenfalls für Schweißausbrüche.

Vor allem wollten wir eigentlich nicht von Ancona ablegen, weil das ein totaler Umweg für uns ist. Direkt vom Chiemsee über Balkanroute nach Ayvalik sind es 1950 Kilometer. Chiemsee-Triest-Ancona-Igoumenitsa-Ayvalik kommt auf 1850 Kilometer plus Fährkosten. Für den Umstand, dass die Fähre nicht von Triest ablegte, bekamen wir pro Person einen Gutschein für Essen/Trinken im Wert von 25 Euro, das bedeutet reell einen Batzen Fleisch mit einer Handvoll fettiger Pommes und ein 0.4 l Bier im Plastikbecher. Guten Appetit und Prost!

Auf jedem Fall haben wir ganz knapp die Fähre in Ancona erreicht. Der mitgebrachte Rotwein hat uns in dieser Nacht die wohlverdiente Nachtruhe gebracht.
Ayvalik - Türkei
Die 670 Kilometer lange Fahrt von Igoumenitsa an die türkische Grenze bei Ipsala ging auf der von der EU cofinanzierten Autobahn gegen eine Gebühr von etwa 18 Euro Maut recht zügig voran.

Spannend ist für deutscher Bürger immer noch die Einreise in die Türkei. Der Fahrer benötigt für das Kfz einen Reisepass, da das Auto dort eingetragen wird, ausserdem muss eine Haftpflicht für für etwa 50 Euro gekauft werden und falls der Fahrer nicht der Halter des Wagens ist, benötigt man eine Vollmacht (Vordrucke hat der ADAC).

Der Grenzbeamte möchte wissen, was im Bus ist. Ich antworte Windsurfmaterial, also muss der Bus geöffnet werden, und der Beamte fragt, wo bei den Boards der Motor ist. Erklär dann mal über die Sprachbarriere, weshalb ein Windsurfboard keinen Motor braucht. Nach 5 Minuten war es ihm dann zu anstrengend und er ließ uns in die Türkei einreisen.
Von Ipsala bis Ayvalik sind es nochmal 310 Kilometer. Bei Eceabat geht es mit der Fähre nach Canakkale (Hin- und Rückfahrt ca. 20 Euro). Auf dem Weg dorthin gibt es auch Möglichkeiten zu Surfen (z.B. Güzelyali), da es in den Sommermonaten an den Dardanellen, der Meerenge zwischen Ägäis und Marmarameer, an etwa 4-5 Tagen pro Woche thermischen Wind gibt.

Nach einem kurzen Surfstop am Hotel Iris in Güzelyali kurz nach Canakkale ging es weiter nach Ayalik. Die Kreisstadt hat etwa 38.000 Einwohnern und liegt an einer Art Lagune gegenüber der Insel Lesbos. Sie hat eine griechische Vergangenheit und die Altstadtist sehr schön. Sehenswert sind die Herrenhäuser an der Küstenstraße und einige ehemalige Kirchen, wie die Johanneskirche, die heute als Moschee genutzt wird. Rund um Ayvalik befindet sich auch das größte Olivenanbaugebiet der Türkei.
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Ayvalik - Türkei
Ayvalik hat gute Einkaufsmöglichkeiten. Wenn es ums Essen geht, gibt es genügend Imbiss-Möglichkeiten, sowie Fisch- oder Grillrestaurants, wo es für wenig Geld gute Qualität gibt. An den meisten Kiosken gibt es gutes kaltes Efes-Bier (allerdings nur bis 22:00 Uhr, dank Erdogan. Aber es gibt auch weniger linientreue Kioskbesitzer, die das Bier an Einheimische und Touristen verkaufen, die gemeinsam in geselliger Runde genießen).

Zurück zum Surfen: Die Windvorhersage versprach für die kommenden Tage täglich 5-7 Windstärken und so sollte es auch die nächsten Wochen bleiben. Es gibt den Stadtspot am Damm zwischen Ayvalik und der Insel Cunda. Hier herrscht auch bei 40 Knoten absolutes Flachwasser. Wir stellten aber fest, dass dieser Spot meist 1-2 Beaufort weniger Wind hat, als der Hauptspot bei Keremköy.

Um diesen zu erreichen, muss man ca. 7 Kilometer die Straße entlang der Lagune Richtung Norden fahren. Dort ist das Surf-Kite-Merkezi Ayvalik, eine Kiteschule mit Barbetrieb, Parkplätzen und der Möglichkeit das Surfmaterial einzulagern. Hier kann auch für ein paar Euro auf dem Gelände einige Tage ein Zelt aufgestellt werden.
Der Spot ist für Freestyle perfekt: Der Wind kommt sideshore aus NNO. Auch bei 25 Knoten gibt es noch Flachwasserbedingungen. Der Stehbereich ist ca. 1,5 auf 1,5 Kilometer groß und zwischen 0,5-1,5 Meter tief. Selbst, wenn Windguru nur 8-12 Knoten aus nördlicher Richtung vorhersagt, kann man mit surfbarem Wind rechnen, da die Thermik durch die Ebene nördlich von Ayvalik den Wind beschleunigt.

Ca. 50 Kilometer Luftlinie nördlich liegt das Ida-Gebirge mit rund 1800 m Höhe, was den Wind ebenfalls begünstigt. Am Vormittag ist der Wind mit 5-7 Beaufort bis etwa 11:30 Uhr am stärksten. Dann geht er mit der Mittagssonne auf 3-5 Windstärken zurück.

Am Nachmittag nimmt der Wind spätestens bis 17:00 wieder die Stärke vom Vormittag an. Gegenüber der Kitestation liegt eine flache Insel, durch diese wird der Wind verstärkt. Hier ist der beste Platz zum Surfen. Mit den Kitern gab es keinerlei Probleme, denn die starten und kiten in Lee im eher seichteren Wasser.

Ayvalik - Türkei

Wir waren die einzigen Windsurfer! Unter der Woche sahen wir. 5-10 Kiter pro Tag, am Wochenende etwas mehr. In Lee der Insel kann in tieferem Wasser gesurft werden. Hier entsteht ein positiver Wellenchop, je nach Windstärke bis 1 Meter Höhe.

Wir haben wochenlang Wind zwischen 4 und 8 Windstärken erlebt. Wenn der Meltemi nicht funktioniert, entwickelt sich eine Westthermik mit ca. 3-5 bft, die an diesem Spot auch fahrbar ist. Dieses Windsystem funktioniert ziemlich zuverlässig von Juni bis September.

Wer fliegen möchte, hat vom Flughafen Izmir zusätzlich ca. 150 Kilometer Anreise zu bewältigen (Taxibus, ca. 10,- Euro). Mitte August hat ein Flug mit Airberlin von/nach München ca. 120,- Euro gekostet). Zudem besteht die Möglichkeit Flüge und Unterkunft über Alwayswindy.com zu buchen. Mark, der österreichische Betreiber ist ein ehemaliger Windsurfer, lebt vor Ort und organisiert auf Wunsch alles.

Im Umkreis von 150 Kilometern entdeckten wir noch den einen oder anderen Surfspot und stellten fest, dass wir meist die einzigen waren, die dort surfen. Nach sieben Wochen Windsurfen in der Türkei ging es über die Insel Gökceada und einige Tage auf Levkada über den geliebten "deutschen" Gardasee zurück (einmal im Jahr brauche ich den surferischen Kulturschock). Im kommenden Sommer gibt es dann neues zu entdecken. Ein neues Land, neue Spots.









Wolfgang dankt seinen Sponsore Sailloft-Hamburg, Mufins, Warkboards.de, Windsurfing-Chiemsee.com, Sport Mayer Chieming

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