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Stormchase Island

Bernhard Sievi, Daniel Marty und Jean-Charles Morin von www.stormriders-windsurfing.com haben auf Island ihr Windsurfglück gesucht…

Islandtief – Ursprung der Stürme und des Windes?! Jedem Hobby- Meteorologen und Windsurfer ist es ein Begriff. Nach einigen erfolgreichen und heftigen „Stormchase-Trips“ in den letzten Jahren nach Irland, Cornwall, Bretagne, oder Patagonien (Chile) war schon länger klar, dass uns einer der nächsten Trips nach Island führen sollte. Unser Photograph Jean-Charles Morin ist auch ein passionierter Fliegenfischer und er war für’s Lachsfischen schon mehrere Male in Island. Sein Statement zu Island: „Es stürmt jeden Tag einmal, es regnet jeden Tag einmal, dazwischen scheint auch mal die Sonne, in jedem Dorf gibt es ein gratis Warmwasser-Whirlpool oder heiße Quelle, aber es ist immer kalt und alles ist schweineteuer“. Zudem schwärmte er von einer legendären Disco mit mehreren Dancefloors und wie nett die Isländer und wie emanzipiert die Frauen seien. Alles gute Argumente, abgesehen vielleicht mal von „schweineteuer“ und „immer kalt“, aber das war ja eh klar und das sind wir vom Föhnsurfen im Winter am Urnersee gewohnt.
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So begannen wir die Wetterlagen und Windprognosen für Island zu verfolgen und versuchten herauszufinden, wie die perfekte Wetterlage ausschauen könnte. Wegen der Nähe zum Zentrum der meisten Tiefdruckgebiete und weil diese in der Regel nicht bei Island stationär sind, war schnell klar, dass sich das Wetter in Island meistens extrem schnell und die Windprognose sozusagen stündlich ändert – eine zuverlässige Voraussage also schwierig wird. Wir fanden einige nützliche Spotinfos in einem Blog von Steve Thorp und einem Bericht von Thomas Traversa und co. im französischen Magazin Planchemag.

Deutlich aktiver sind hingegen die letzten paar Jahre die Wellenreiter und es gibt sogar eine Firma, die „Arctic Surfers“, welche Surfreisen an die besten Spots anbietet. Mehrere Weltklasse-Wellenreiter waren dadurch schon vor Ort und es gibt gute Infos zu den Wellenreitspots, die sich sicher je nach Windrichtung auch zum Windsurfen eignen sollten. Bei all diesen Berichten stachen vor allem die Spots südwestlich und südlich von Reykjavik um „Grindavik“ und „Porlakshöfn“ hervor, die sich zudem alle in der Nähe des Flughafens in Keflavik befinden. Porlakshöfn war sogar eines der möglichen Ziele des Red Bull Stormchase. Dann sahen wir in einem Wellenreitvideo einen Spot mit riesigen Wellen, Sturm mit Flugwasser ... und Eisbergen – da mussten wir sicher hin, auch wenn wir zunächst nicht herausfinden konnten, wo genau der Eisberg-Spot lag, aber sicher im Südosten in der Nähe der Gletscher bei Höfn.
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Nach genauerer Betrachtung der wichtigsten Spots auf Google Earth war klar, dass man für Sideshore bis Cross-Offshore Bedingungen fast überall Winde von Süd bis West benötigt. Das ist ideal, denn mit dem Drehen des Windes auf West über Nord bis Ost wird es jeweils ungemütlich kalt, während bei süd(westlichen) Windrichtungen noch mit bis zu 10° Lufttemperatur gerechnet werden kann. Nach intensiver Wetter-Beobachtungen über zwei Jahre hinaus stellte sich der Herbst, September so bis Mitte Oktober, als bestes Zeitfenster heraus. Einerseits, weil das Wasser dann gegen 10° warm ist, die Tage noch ausreichend lang sind, und es noch zwei wöchentliche Easyjet-Direktflüge ab Basel nach Reykjavik gibt. Diesen Flug gibt es übrigens seit einer Abstimmung auf Easyjet.com, wo die Kunden die nächsten beliebtesten Ziele wählen konnten!

Dann Ende September 2015: Sturmprognose immer aus Sektor Süd und das über 5 Tage am Stück! Das liegt an einem sehr starken, stationären Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln und damit verbunden einer mehrtägigen, ausgeprägten Bisenlage (Ostwind) mit schönem Wetter in der Schweiz. Aber wieso nicht ein kleiner Abstecher in den hohen Norden – sozusagen als Vorbereitung für den nahenden Winter?

Es ist Sonntag und wir können zwei Tage vor Abflug am Dienstag immer noch einen günstigen Flug nach Island buchen. Die Flugzeiten sind ideal. Abflug um 6 Uhr früh morgens – Ankunft in Reykjavik mit zwei Stunden Zeitverschiebung vor 08h00 – also noch den ganzen Tag Zeit zum Windsurfen. Zweimal Surfgepäck bis 32 kg à je CHF 120.- und schnell noch einen SUV Suzuki Vitara dazu gebucht, Unterkunft schauen wir vor Ort. Als wir an den Flughafen fahren sind wir sicher, dass der Flug halb leer ist, denn wer geht schon zu dieser Zeit nach Island, also sozusagen vom Spätsommer in den Winter. Schwer getäuscht, der Flug ist sozusagen voll! Am Euroairport in Basel hatten wir bisher immer gute Erfahrungen beim Einchecken von Surfgepäck gemacht und so ist es auch dieses Mal wieder absolut problemlos. Es ist gerade die Zeit des „Syrien-Flüchtlinge-Hype“ in der Presse und in der Tageszeitung steht, dass die Isländer laut einer Umfrage am meisten Flüchtlinge pro Kopf freiwillig aufnehmen würden! Schon krass, syrische und andere Flüchtlinge müssen extremste Reisen erdulden, um nach Europa zu gelangen, und diese sind zudem noch um ein Vielfaches teurer, als unsere gesamte Islandreise. Das stimmt schon sehr bedenklich.

Nur dreieinhalb Stunden später kommen wir pünktlich in Island an. Kurz vor Ankunft sehen wir die Küste und dann eine See gepeitscht von schwerem Sturm! Bei der Gepäckausgabe kommen nebst unserem Surfgepäck diverse Fahrräder und ... Golfergepäck an! Ja und es sind wirklich Golfer, keine Kiter. Beim Arrival decken wir uns mit dem nötigsten an Wasser und Proteinriegeln für den Tag ein. „Ich kenn Dich vom Yoga“ werden wir plötzlich angesprochen. „Ja, was machst Du denn hier?“ – „Reitferien“ lautet die Antwort. Windsurfen in Island haben wir gedacht ist ja schon echt hart, aber Reiten? Und dann all die Adventure-Fahrradfahrer, die bei Sturm und Hagel die Insel umrunden – hoffentlich nicht gegen den Wind. Und Golfen? Entweder ist es nicht so, dass es hier nur Lavageröll gibt und wir die einzigen „tough guys“ sind – oder das Wetter ist vielleicht doch nicht immer so schlecht und stürmisch, wie wir uns das erhoffen. Wir werden es bald wissen.
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Bei der Autovermietung werden wir gefragt, ob wir auch in den Osten der Insel fahren und die „Sandstrahlversicherung“ dazu buchen wollen? Ja! Endlich mal eine Zusatzversicherung, die wir wirklich brauchen! Aber zuerst geht es zu den nahegelegenen Spots um Grindavik, eine 30 Minuten Fahrt vom Flughafen. Wir checken zuerst den Spot „Z“ etwas östlich von Grindavik aus, von wo wir bisher die besten Windsurfphotos in der Welle gesehen haben. Und ja die Welle läuft unglaublich, etwa masthoch und der Wind reicht sicher für das 4.2 oder 4.7 aus. Allerdings ist gerade Flut, überall Felsen und es ist nicht klar, wo man hier am besten einsteigt und wieder rauskommt. Etwa 400 m weiter unten (östlich) in der Bucht hat es einen Reefbreak, wo noch eine zweite, richtig massive Welle bricht.

Da wir wirklich sicher sein wollen, am besten Spot rauszufahren, checken wir noch einige der anderen Spots um Grindavik aus, entscheiden uns dann aber zum Spot „Z“ zurückzufahren. Als wir wieder ankommen lässt der Wind allerdings bereits nach. Wir bauen trotzdem auf und Bernie fährt als erster raus. Allerdings reicht der Wind nun nicht mal mehr für’s 4.7er Segel. Bernie versucht rauszueiern, doch es erwischt ihn ein großes Set, über das er nicht drüber kommt. Heftiger Waschgang mit dem Resultat erstes Combat 4.7 direkt in die Mülltonne gefahren– komplett durchgerissen vom Achterliek bis zum Vorliek! Wenigstens ist der Mast nicht gebrochen, doch das war unser größtes Segel. Jetzt brauchen wir wirklich Sturm.
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Die Wellen laufen perfekt mit dem ablaufenden Wasser, doch da der Wind nun definitiv nachgelassen hat fahren wir weiter nach Porlakshöfn, um noch die dortigen Spotalternativen für den nächsten Tag auszuchecken. Am Main Pointbreak südlich von der Mole beim Hafen trauen wir unseren Augen nicht.

Es läuft eine unglaublich saubere, masthohe Welle und es hat sogar einige Wellenreiter. Es hat auch noch etwas Wind aber voll ablandig und im Bezug auf die Welle cross-offshore. Fraglich, ob man hier wegen der Abdeckung mit dem Windsurfmaterial überhaupt rauskommen kann. Ein Jetski oder Boot wäre sicher hilfreich. Wir beobachten erstmals den Spot und checken auch noch den Beachbreak direkt beim Golfclub aus. Auch hier läuft eine super saubere Welle, der Wind ist etwas weniger abgedeckt als am Main Pointbreak und kommt sideshore. Der Spot erinnert uns stark an Gowlane in der Brandon Bay in Irland.

Da die Prognose wieder Sturm für die Nacht und den nächsten Morgen ansagt suchen wir uns erst einmal eine Unterkunft und finden mit dem Jonna Guesthouse eine echt empfehlenswerte und für Island günstige und unkomplizierte Bleibe. Der Inhaber heißt Jonna, ist ehemaliger Fischer, und seit er mit dem Fischen aufgehört hat von den Wellen und dem Wellenreiten fasziniert. Sein Traum ist, dass die Gemeinde das Wellenreiten professioneller aufzieht und vermarktet und er es vielleicht sogar selber noch lernt. Wir denken uns, was dazu noch fehlt ist der Warmwasser-Pool direkt am Spot zum Aufwärmen. Wir legen ihm diese Idee nahe – doch er ist natürlich schon selber darauf gekommen und mit dem Bürgermeister in Kontakt! Danach gehen wir in’s lokale Schwimmbad mit mehreren bis zu 40° heißen Pools im Freien. Dazu hat es auch noch ein 28° warmes 25 m Outdoor-Schwimmbecken falls mal Flaute ist.

Es stürmt die ganze Nacht und wir stehen noch im Dunkeln auf, ziehen die Neos an und checken die beiden Spots aus. An der Mole läuft die Welle auch bei Ebbe perfekt, doch wir entscheiden uns für den Beachbreak beim Golfclub, da das Risiko beim Mainbreak an der Mole total unkalkulierbar ist. Mit dem ersten Tageslicht fahren wir raus und erwischen einige Wellen.

Doch der Wind stellt kurz Zeit später schon wieder komplett ab. Das kann’s doch nicht gewesen sein! Beim Abbauen treffen wir auf Ingo Olsen von den Arctic Surfers und er zeigt uns eine isländische Meteo-Webseite, die darauf hindeutet, dass im Südosten der Insel der Sturm noch den ganzen Tag mit 40- 50 Knoten und mehr tobt. Das ist auch die Gegend mit der Jökulsárlón Gletscherlagune und Ingo bestätigt uns, dass sie dort auch zum Wellenreiten hinfahren und es häufig sehr starken Wind hat. Jetzt wissen wir, dass der Eisberg-Spot aus dem Wellenreiter-Video vor der Jökulsárlón Gletscherlagune liegt und zögern deshalb nicht, die 500 km Autofahrt sofort auf uns zu nehmen. Wenn wir zügig fahren, reicht es vielleicht noch für eine späte Nachmittag Session zwischen Eisbergen! Ingo gibt uns zudem noch den Kontakt eines lokalen Windsurfers, Rafn Enilsson, der uns später noch gute Tips zu weiteren Spots gibt.
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Die ersten 200 km bis kurz vor Vik regnet es, was es kann. Totale Flaute und wir fragen uns, wo und wie es denn hier noch Wind geben soll. Dann überqueren wir einen kleinen Pass kurz vor Vik und hinter dem Berg fängt es plötzlich an zu stürmen. Wir checken die Beachbreak Spots bei Vik, doch der Wind zieht hier nicht rein. Also fahren wir weiter und kommen in eine weitläufige Ebene. Der Himmel reist mehr und mehr auf und es bilden sich riesige Lenticularis-Wolken am Himmel so wie wir sie aus den Alpen bei starkem Föhn kennen. Ja hier gibt es eine regionale Föhnlage! Jetzt verstehen wir auch, wieso es im Osten der Insel stürmt während es im Westen bei Flaute regnet, und dass diese Wetterlage von den weiträumigen Wettermodellen nicht erfasst wird.
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Wir haben wieder Hoffnung, in der Gegend der Jökulsárlón Gletscherlagune auf Wind am Meer zu treffen. Und so wird der Wind immer stärker, je mehr wir uns den Bergen und der Gletscherlagune nähern. Dann taucht die Lagune mit unzähligen, teils sehr großen Eisbergen auf. Danach sehen wir das Meer, mit dem Verbindungskanal zwischen der Lagune und dem Meer, wo die Eisberge auf’s Meer treiben. Das Wasser ist eiswürfelkalt aber die Lufttemperaturen sind föhntypisch noch ganz erträglich. Dazu scheint sogar die Sonne milchig zwischen den Wolken hindurch. Der Strand ist übersäht mit Eisbergen, ebenso finden sich viele Eisberge im Wasser. Die Szenerie ist definitiv apokalyptisch – das Wasser und der Sand fliegt ... Sandstrahlversicherung!

Sofort ist klar, dass wir hier so schnell wie möglich auf’s Wasser müssen. Wir bauen die kleinsten Segel auf und fahren raus. Es hat Duzende von Touristen, Busse voll mit Chinesen und Isländern. Die trauen ihren Augen nicht, so etwas haben die noch nie gesehen – ja wir auch nicht! Wir erwischen eine gute Windphase, weiter draußen bricht eine richtig gute Welle, die zum Springen und abreiten einlädt. Zum guten Glück lernt man in der Schule, dass jeweils nur 1/7 des Eises aus dem Wasser schaut – dieses Wissen kann man hier direkt anwenden, wenn man um die bis zu 5 Meter aus dem Wasser ragenden Eisberge halst. Allerdings hat es hier, ähnlich dem Treibholz, auch kleineres „Treibeis“, und das ist nicht ganz ungefährlich, wie man sich spätestens beim ersten Kontakt bewusst wird.

Dann stellt der Wind plötzlich wie auf Knopfdruck ab. Bernie ist etwas weiter draußen und kommt zum Glück gerade noch mit einer Welle an den Strand zurück und meistert auch den nicht kleinen und ungefährlichen Shorebreak zwischen den Eisbergen. Dass der Wind aufgehört hat freut die Touristen und es ist den neugierigen Robben egal – sie spielen weiterhin mit den Wellen. Ein Touri wagt sich für das ultimative Ferienfoto sogar noch in’s Wasser!
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Nach der Session stellen wir fest, dass wir nur noch wenig Benzin haben und fragen im Touristenshop an der Lagune, wie weit denn die nächste Tankstelle entfernt ist. Unglücklicherweise ist diese gerade geschlossen und zur übernächsten kommen wir definitiv nicht mehr. Also müssen wir hier irgendwie zu Benzin kommen. Zum guten Glück sind die Jungs vom Shop hilfreich und wir können etwas Benzin von einem ihrer Schlauchboote, mit denen sie die Touris an den Gletscherrand fahren, bekommen. Na ja zumindest hat es hier Boote, doch ob sie damit im Notfall auch auf’s Meer fahren ist mehr als fraglich, denn beim heutigen Sturm fahren sie nicht mal auf der Gletscherlagune – zu gefährlich! Zwar hat es hier hunderte von Touristen doch mal davon abgesehen ist man hier definitiv am Ende der Welt.
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Da wir nun schon so weit gefahren sind, entscheiden wir uns, auch noch die Spots bei Höfn abzuchecken. Dort kommen wir kurz vor dem Eindunkeln an und es ist schwierig, ein gutes Urteil zu treffen. Doch so wie es ausschaut, kommt der Swell nicht in die Bucht rein, wo normalerweise die Wellenreiter surfen. Es ist schon 21h00 und wir sind unschlüssig ob wir im Osten bleiben oder wieder die 500 km zurück nach Porlakshöfn oder Grindavik fahren sollen, wo für den nächsten Tag wieder Sturm und guter Swell angesagt ist. Wir stoppen in einem Hotel in Höfn, das direkt in den Siebzigerjahren stehengeblieben ist, um unsere „Prognosensucht“ zu befriedigen und entscheiden uns dann für die Rückfahrt durch die Nacht ... und gegen den Wind. Nicht zuletzt auch, weil uns der Rezeptionist darauf hinweist, dass wohl am nächsten Tag ein seltenes Flutereignis aus einem Gletschersee die Hauptstrasse am Meer erreichen sollte und es dann möglich ist, dass die Strasse überschwemmt wird. Na ja und einmal um die Insel im Gegenuhrzeigersinn ist dann doch nicht das, worauf wir scharf sind. Die Fahrt durch die Nacht ist anstrengend, zuerst schwerer Sturm gefolgt von sintflutartigem Regen. So gegen 3 Uhr sind wir wieder in der Unterkunft in Porlakshöfn.

Nächster Tag. Wir stehen wieder vor 7 Uhr auf, einige Proteinriegel und Bananen, rein in die noch nassen Neos und wieder an den Spot beim Golfclub. Wie vor zwei Tagen sieht es vielversprechend aus, die Welle läuft perfekt doch der Wind ist wieder nicht stark genug für die 4er Segel. Allerdings ist der Wind-Peak in der Prognose erst über die Mittagszeit und in der Gegend um Grindavik etwas stärker. Also entschließen wir uns, die 40 Minuten nach Grindavik zu fahren. Es ist die richtige Entscheidung, denn die Welle am Spot „Z“ läuft fast masthoch und nahezu perfekt. Der Wind ist sideshore und etwas böig, weil er über’s Land kommt. Dafür ist das Wasser zwischen den Wellen spiegelglatt und es reicht für die 4er-Segel. Am Nachmittag reißt sogar der Himmel auf und die niedrigstehende Sonne taucht den Spot in ein unglaublich schönes Licht. Der starke Wind ist jetzt cross-offshore (mehr westlich) und bläst die Gischtkämme von den Wellen wie im Trickfilm das letzte Einhorn, als die gefangenen Einhörner am Schluss aus dem Meer zurückkehren. Es ist Bernie’s Geburtstag und es ist eine dieser Sessions, die man nie mehr vergisst!


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Am Abend fahren wir zum Aufwärmen und Muskeln entspannen in die „Blue Lagoon“, ein riesiges und auch sehr touristisches und dadurch nicht billiges, geothermisches Thermalbad mit natürlichem, schwefelhaltigem Wasser. Dazu gibt es mit Sauna, Dampfbad, und Massage alles, was man nach so einem Tag zur Regeneration noch benötigt.

Am nächsten Tag hat es immer noch Welle und auch Westwind, doch es reicht nicht mehr für unsere kleinen 4er-Segel und so können wir zur Abwechslung mal etwas länger schlafen und dasFoto- und Videomaterial sichten. Am Nachmittag checken wir noch die restlichen Spots entlang der Halbinsel bis nach Reykjavik und es gibt hier definitiv noch sehr viel Potential. Dazu kommen unzählige kleine Seen und Flachwasserlagunen mit absolutem Flachwasser, wo man sich den Freestyle-Kick holen kann.


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Den letzten Abend verbringen wir in Reykjavik und wir stürzen uns in das von Jean-Charles hoch gelobte Nachtleben. Zum Essen gibt es in einer Hafenkneipe die legendären Fish & Chips. Danach geht es durch unzählige Pubs entlang der Hauptstrasse in der Innenstadt und unsere Flip-Flops werden zum Hingucker, da es mittlerweile angefangen hat zu hageln und zu schneien. Doch das hält die Isländer nicht davon ab, zu feiern, denn es ist Freitag. Leider stellt sich im Laufe des Abends heraus, dass der legendäre Klub, von dem Jean-Charles erzählt hatte mittlerweile schließen musste. Wegen den Flip-Flops kommen wir nicht in den zur Zeit angesagtesten Club, doch wir finden einen anderen Club, wo wir noch bis spät in die Nacht tanzen.

Leicht verkartert wachen wir am nächsten Tag auf. Ein Blick aus dem Fenster, es liegt Schnee. Das Boardbag und die Bretter auf dem Autodach alles durchnässt – dazu die nassen Neoprenanzüge: das Surfgepäck gefühlte 10-15 kg schwerer als beim Hinflug! Daran haben wir nicht gedacht – wenn das mal kein Stress beim Einchecken gibt! Doch die nette Dame beim Check-in fragt nur, wie schwer denn die Surfbags sind, damit wir sie nicht noch extra auf die Wage legen müssen – wäre ja zu viel verlangt. Wir geben als Gewicht 30 und 31 kg an und damit ist alles klar. Wir waren noch nie an einem Flughafen, wo das Sportgepäck so unkompliziert abgefertigt wird wie hier in Kevlavik – echter Service! Wir fragen dann die Dame doch noch, ob sie schon einmal Windsurfgepäck gesehen hat und sie meint nein, das sei wohl das erste Mal, aber Fahrräder und Golfmaterial sei die Regel und Surfgepäck kommt selten mal vor!

Auf dem Rückflug entdecken wir im Easyjet Reisemagazin einen informativen Bericht über den auflebenden Tourismus in Island, sogar mit einigen Infos über die „Artic Surfers“ und einem Foto von Ingo Olsen. Seit der Finanzkrise im 2008 hat das Land enorm in den Tourismus investiert und erlebt zur Zeit einen echten Boom. Bis zu 40% der Bevölkerung leben vom Tourismus und wir wissen nun, wieso die Flüge voll sind.


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Fazit
Wir haben in sehr kurzer Zeit unglaubliche Natur und unzählige Spots mit sehr großem Potential gesehen, für Wellen aber auch klinisch sauberem Flachwasser. Die Wellenspots sind sicher alle eher anspruchsvoll und nicht ungefährlich, da es viele Felsen hat mit Ausnahme der Beachbreaks beim Golfclub in Porlakshöfn und vor der Jökulsárlón Gletscherlagune, wo allerdings die Eisberge und Robben lauern. Auch Strömungen sollte man nicht unterschätzen. Die meisten Spots sind sehr abgelegen und im Notfall Hilfe organisieren ist kaum möglich.

Wir können bestätigen, dass das Wetter extrem wechselhaft und garstig ist, es jeden Tag mindestens einmal regnet, und der Wind auch stark von lokalen topographischen Gegebenheiten beeinflusst wird. So war der starke Föhnwind an der Jökulsárlón Gletscherlagune eine willkommene Überraschung. Für einen erfolgreichen und nicht zu kalten Sturmtrip sollte in der allgemeinen Prognose als Anhaltspunkt mindestens 40-50 Knoten Wind aus dem Sektor Süd bis West und dazu mindestens 4 m Welle mit einer Periode von 10-12 Sekunden oder mehr und wenn möglich über mehrere Tage vorherrschen, da die Prognose meistens nach unten korrigiert wird. Bei südlichen bis südwestlichen Winden waren die Lufttemperaturen Anfang Oktober wenig unter 10 Grad, ebenso das Wasser. Das ist noch erträglich, wenn auch gefühlt kalt.

Wie immer bei neuen und anspruchsvollen Zielen haben wir viel Zeit in die Spotsuche investiert, um am Schluss gehört nicht zu Letzt auch wegen dem Einfluss der starken Gezeiten etwas Glück dazu, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Unser Fokus lag bei diesem Trip mehr auf den Wellen, so dass wir leider keine Zeit fanden auf den auch landschaftlich sehr reizvollen Flachwasserspots, zum Freestylen rauszufahren. Für alle hier beschriebenen Spots benötigt man übrigens kein geländegängiges Fahrzeug.

Mit dem Fahrrad um die Insel ist definitiv noch härter als Windsurfen wegen dem täglichen Regen und dem extremen Gegenwind mit dem man immer wieder mal kämpfen muss, insbesondere wenn man die falsche Richtung wählt! Das Reiten und Golfen sehen wir neben Schwimmen im Warmwasserpool eher als entspanntes Flautenprogramm an.

Nützliche Infos & Links

Arctic Surfers:
www.arcticsurfers.com

Blog von Steve Thorp:
www.stevethorp.co.uk/...

Isländische Meteoseite (islandig meteorological office):
en.vedur.is

Spotinfo:
Jökulsárlón Glacier Lagoon (SW-W)
Reykjanes, 4x4 aka secret spot, nahe Hafnir (SW-W)
T-Spot aka Þórkötlustaðabót, östlich von Grindavik (SW-W) G-Spot aka Antennas, in Grindavik (SW-W)
Eyrarbakki, reefbreak (ESE)
Eyrarbakki, „Tidal channel jump spot“, zwischen Porlakshöfn und Eyrarbakki (ESE-SW)
Porlakshöfn, Beachbreak nahe dem Golfcluk (SW-W) Porlakshöfn, main pointbreak, am südlichen Ende der Hafenmole Garður, (S, low tide)
Snæfellsnes Akranes
Grótta und Álftanes, nahe Reykjavik Vik, Beachbreak (ENE-E)