Das Wort heißt MANA und trifft
auf alles zu, was Leben beinhaltet. Der Ort "Jaws" strahlt besonders
starkes MANA aus. Unbezwinglich, göttlich und intellektuell nicht
fassbar. Die alten Hawaiianer hatten dort einen Tempel zur Huldigung
ihrer Götter errichtet. Dieser wurde zerstört, um Platz für Ananasfelder
zu schaffen. Menschliche Gier konnte zwar den Tempel vernichten,
aber konnte MANA nicht rauben. Die Kraft scheint die meiste Zeit
zu ruhen. Doch wie ein freigelassener Flaschengeist regiert sie
über Pe'ahi, wenn der perfekte Sturm im Nordpazifik gigantische
Wellen nach Hawai schickt. Nähert man sich "Jaws", hört man schon
aus der Ferne ein Donnergrollen. Dann eine Explosion, gefolgt
von Stille.
Man muss das zwei Meilen breite Ananasfeld durchqueren, bevor
man die Klippen erreicht, von der aus man die legendäre Welle
sehen kann. Der tiefblaue Ozean wölbt sich bis zum Horizont in
Wasserberge und Wellentäler. Die Brandung überschlägt sich mit
einem explosionsartigen Donner. Die Form der Welle ist von unbeschreiblicher
Perfektion. Die Höhe kann man erst erkennen, wenn ein Surfer
wie eine winzige Ameise die Wasserwand hinabgleitet.
Doerner empfindet dort draußen vollkommenen Frieden. Dieser Frieden
kommt aus dem Vertrauen in die Naturgewalt, von seinem Vertrauen
in seinen Jetski-Partner. Doch entscheidend ist, dass er sein
Leben in die Hände des Allmächtigen gibt, wie er sagt. "Jaws ist
wie das Tor zu Gott". Bevor er das Land verlässt und sich dem
gewaltigen Element hingibt, überträgt Doerner sein Schicksal ohne
Vorbehalt der höheren Kraft. "Ich will eins werden mit der Welle.
Das ist ein reines und sehr spirituelles Erlebnis", sagt er.
Surfen dient für Menschen wie Doerner, Seeger, Downing oder Lopez
als Sinnbild, als Metapher des Lebens: unberechenbar, Zyklen von
Ebbe und Flut unterworfen und als ein flüchtiges Ereignis , dessen
Sinn im Verstehen besteht. Spät in der Nacht beruhigen sich die
Wellen. Das schwindende Mondlicht scheint auf sanft dahinfließende
Wogen. Kaum hörbar wispert das Meer, die Attacke ist vorüber.
Die Botschafter entfernter Stürme sind abgezogen - für wie lange?
+++ Lavasockel und Tigerhai:
"Jaws" heißt der Ort auf Maui mit den höchsten Wellen. Wenn sich
im Nordpazifik die Winterstürme von Japan in Richtung der Aleuten
bewegen, rollen mächtige Wogen auf die Nordküste der zweitgrößten
hawaiianischen Insel zu. Die Wassermassen werden von einem
Lavasockel
am Meeresgrund abrupt gebremst, türmen sich dadurch zwanzig bis
dreißig Meter auf. Benannt ist Jaws der extremen Wellenreiter
nach dem Schlund eines ansässigen Tigerhais. Wer nicht aufpasst,
wird verschluckt.
Die Dokumentation "Ka Nalu Nui" zum Thema Jaws gibt es
als 55 minütige DVD im DAILY
DOSE Videoshop zu kaufen. Eine Filmkritik
ist ebenfalls online.
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