Antwort, 17.12.2006 15:48 von olli1111
Huhu tigger!
Genau hier haben wir beide eben eine etwas unterschiedliche Meinung :)
Natürlich brauchen viele länger, keine Frage. Aber warum ist das so? Machbar ist viel mehr - gerade auch für diese 'normalen' Leute und ich denke, darauf zielt r0ckstars Frage ab.
Viele starten einfach unter zu schlechten Bedingungen, die sie selbst aber beeinflussen und verbessern können. Und genau darauf beziehe ich mich. Würden diese Leute mit größerem Material und guter Anleitung starten, stünde es um ihre Fortschritte sehr wahrscheinlich deutlich besser. Ich hoffe ja, das novice und ich das für uns (und für andere) in der nächsten Saison überprüfen können und ich bin mir sicher, dass es funktionieren wird :)
Was diesen Leuten (verständlicher Weise) einfach fehlt ist methodisches Gespühr. Sie haben zu wenig Erfahrung um es sich selbst leicht zu machen um für sich die richtige Lernstrategie zu entwickeln. Hier helfen dann Tricks von erfahreneren Surfern häufig weiter.
Dann kommt noch die Materialwahl für 'Aufsteiger' dazu. Viele können gerade auf dem Brett stehen, Leichtwind-Wackelwenden und -halsen und möchten sich dann eigenes Material kaufen, was gut ist, doch wird dabei dann häufig der Fehler gemacht ein zu kleines Brett anzuschaffen. Ich habe aber auch schon den umgekehrten Fall erlebt, dass das Material zu groß und zu anspruchsvoll gewählt wurde.
Talentierte mit Zeit stellen sich fast auf beliebige Bretter und schwimmen und frickeln so lange, bis sie es können und das geht meist trotzdem schnell (wegen der höheren Motivation und/oder der geringeren Angst nass zu werden und sich zu blamieren). Aber 'normale' Leute mit weniger Zeit erliegen dann mit einem zu kleinen Brett schnell dem Frust.
Diesem 'normalen' Surfer (Wackelhalse/Wende, keine Schlaufen, etc.) käme dann ein breites Brett mit 70-120 Liter zusätzlichem Volumen sehr entgegen (beim 75Kg Fahrer also rund 150-200 L; je nach Gefühl). Doch leider wirkt das nicht so cool und der Gedanke, dass man das Brett dann noch länger fahren 'müsste', dass man keine coolen Tricks darauf lernen könnte (was weitverbreitet aber unglaublich falsch ist) veranlasst viele, ebenso wie gut gemeinte aber schlechte Ratschläge sich doch ein kleineres oder stark veraltetes zu kaufen. Gerade auf den großen Tankern wie Starboard Go, Tabou Cool Rider, etc. kann man sogar die basics für anspruchsvollere Sachen lernen: Trapez, Schlaufen, Powerhalsen, backwinded fahren, alle möglichen Segelspielereien, die später sogar fürs freestylen brauchbar sind, wie Segel-360, clew-first fahren, rückwärts an der Gabel, switch stance fahren, etc. und sogar 'duck-jibes' und 'springen' können anteilig geübt werden.
Bis sie das ausgereizt haben, hat sich das Brett locker armortisiert und oft geben diese Bretter gerade für Leute die an Binnenseen fahren, später noch prima Leichtwindschleudern bzw. Familienbretter ab. Das richtige Brett trägt also viel dazu bei sich gute Voraussetzungen für den Umstieg auf 'was kleineres' schaffen zu können.
Nach meinem Verständnis noch wichtiger ist jedoch das methodisch-analytische und angstfreie Herangehen an die Sache. Schau mal in den Foren nach, was die Leute schreiben, die z.B. nicht in die hintere Schlaufe kommen. Sie sind sich faktisch in den Punkten 'einig' an denen sie scheitern: Überziehen des Segels beim Einstieg in die hintere Schlaufe und/oder absaufen des Hecks oder Brett zu schnell/zuviel Druck im Segel. Die Ursachen für diese Symptome hängen zusammen, haben gemeinsame Ursachen und diese Ursachen findest Du im Kopf der Leute - mangelndes Wissen - banal, aber vermeidbar!
Bleiben wir beim Schlaufenfahren.
_Werden_sie_zu_schnell, bevor sie in die hintere Schlaufe gehen, versuchen sie hektisch dort reinzukommen. Schaffen sie es dann doch, wollen sie aus Angst einen 'sicheren' Stand, verlagern deshalb ihr Gewicht auf den hinteren Fuß und weg ist das Heck und das Segel überzogen - blub, blub, blub...
_Sind_sie_zu_hoch_am_Wind verlagern sie beim Einstieg mangels ausgleichendem Segeldrucks ebenfalls zu viel Gewicht auf das Heck, das Resultat sieht wie vorher aus.
_Sind_sie_zu_weit_im_raumen_Windbereich, ist ihnen der Zug in Richtung Bug zu hoch (den man als Anfänger kaum ausgleichen kann), das Brett ist zu frei, fühlt sich super kippelig an (wegen des erhöhten dynamischen Auftriebs und mangelder Stützfunktion des Segelzuges entgegen der Brettquerachse, ähnlich wie beim Fahren mit achterlichem Wind). Auch hier scheitern sie.
Was sie nicht wissen (können), ist, dass sie lernen müssen, das hintere Bein frei zu bewegen und ihr Körpergewicht vor dem Einstieg in die Schlaufe auf den vorderen Fuß und auf die Gabel zu verteilen. Das geht nur auf bestimmten Kursen besonders einfach - und auch das wissen sie noch nicht (woher denn auch). Genau das übe ich mit den Leuten aber bei Leichtwind und wenn das Bewusstsein für Kurs, Gewichtsverlagerung und Bewegung geschaffen ist, klappt der Rest ganz einfach - das bezieht sich genau auf die Leute, die Du nennst: die mit weniger Ehrgeiz und wenig Zeit (und wenig Nerven, bekloppte Sachen immer und immer wieder aus eigenem Antrieb auszuprobieren; die möchten einfach nur relaxed fahren fürs erste - was ja auch gut so ist).
Ist der Kurs aber klar, der den Einstieg in die Schlaufe begünstigt, können sie all diese Probleme ganz einfach ungehen. Ist das Brett dazu dann noch groß genug, wird das Lernen zum 'Spaziergang' und das Schlaufenfahren plötzlich in kurzer Zeit greifbar und machbar.
Wie wichtig dieses Wissen ist, sieht man, wenn man solche 'Problemfälle' fragt, ob sie sich vorstellen können, bei 2 bft in die Hintere Schlaufe zu kommen. Viele sind sich dann einig, "das geht nicht". Erleben sie, wie einfach es ist und wie es funktioniert, haben sie es geschafft. Sie können in die Schlaufe, bevor ihnen das Brett zu schnell wird, kennen schon die richtige Technik und haben ihr wichtiges Erfolgserlebnis gehabt, was ihnen zusätzliche Sicherheit und Motivation bei mehr Wind gibt.
Du sprichst selber von tollen Bedingungen, die hilfreich sind. Nur, dass diese Bedingungen in jeder größeren Badewanne gegeben sind, darauf kommen die meisten leider nicht. Cooles Windsurfen hat ja immer mit minimum 5-6 bft und Wellen zu tun - schnelles Erlernen der Grundlagen und Spaß an der Sache aber eben nicht unbedingt - im Gegenteil sogar. Die meisten der oben genannten Sachen kannst du locker bei 2-3 bft und spiegelglattem Wasser stressfrei lernen, selbst mit kleinerem Segel - einschließlich der Grundlagen für das Springen und duckjibes.
Kinder machen solche Sachen bei 2-3 bft völlig angstfrei. Die wippen (noch im Angleiten) wie verrückt auf der Kiste rum, trampeln das Heck ins Wasser als ob sie das Brett kaputt machen wollten, reißen den Bug hoch und gehen dann grinsend unter - verlieren dabei ihre Angst vor der Bewegung (oder haben erst gar keine) und schleifen zudem noch wichtige Bewegungsabläufe ein - eine bomben Grundlage.
Oder hast Du zum Beispiel schon mal Leute mit 10.5 m² gesehen, die Leichtwind-duckjibes fahren? Sie lernen, wann sie shiften müssen (und können), lernen das Gewicht des nach vorne gepushten Segels auszugleichen, etc. und vor allem lernen sie angstfrei und spielerisch. Klar sind die Manöver damit noch nicht im Gleiten gestanden, aber Teile davon sind vertraut und damit im Kopf abgehakt. Man muss sich später einfach auf weniger konzentrieren. Die meisten von denen trauen es sich später im Gleiten auch mit 7-8.5er Segeln, vorher haben sie es gemacht, weil der Wind nicht zum Gleiten reichte.
Das gleiche gilt für's Backwinded fahren. Auch das lernt man am schnellsten auf größerem Material bei weniger Wind und all das macht (nicht nur Anfängern) tierischen Spaß. Viele bleiben deshalb weit unter ihren Möglichkeiten, weil sie (auch bei nicht optimalen Bedingungen) längst nicht alles probieren was möglich ist und Spaß macht.
Für mich gilt auch heute noch, wer nicht ständig nass ist, lernt nix und wer dabei keinen Spaß hat, der wird auch zukünftig nichts mehr lernen, so lange er trocken bleibt.
Ohne entsprechende Motivation und Spaß ist surfen aber auch eine 'trockene' Sache. Die superguten Leute sind oft einfach viel motivierter und haben weniger Ängste. Die siehst du in den ersten Monaten/Jahren fast nur im Wasser statt auf dem Brett. Was man als Außenstehender dann nicht so einfach mitbekommt, ist, was die dabei an Bewegungskoordination lernen und was sie schon an Manövern können. Die wirbeln aus allen Positionen mit dem Segel herum, probieren einfach alles und landen dem entsprechend oft im Bach. Sie können aber meistens viel mehr als die Standard-Tempo-Bolzer. Beides hat seine Berechtigung. Oft hört man auch von Leuten, die schon in Trapez und Schlaufen gleiten können, wie gerne sie doch richtig gut springen, ein bischen tricksen oder einfach nur halsen können würden. Der Unterschied zu denen, die das lernen ist aber nur, dass die anderen es einfach tun, egal wie oft es sie 'reinpackt'. Sie glauben an ihren Erfolg und durch viel häufigeres Versuchen, erhöhen sie ihre Chancen deutlich. Machbar ist es aber genauso, wenn jemand ihnen deultich vermittelt, worauf es im Kern ankommt. Dann kann man sich schrittweise an kleineren Teilerfolgen entlang hangeln und auch das führt zum Erfolg - auch bei weniger Zeit.