Antwort, 30.01.2007 19:42 von olli1111
Hallo Jan!
Ich schließe mich da auch Funky-Dragon an, was aber schon - denke ich - aus meinem ersten Posting ersichtlich wurde. Gerade in Deutschland haben wir kein Hookipa. Schaue ich mir aber die Produktwerbungen an, sehe ich z.B., wie ein Fanatic Shark durch ne 2 Meter-Brandung geknüppelt wird. Es wäre zwar geil, wenn wir diese Möglichkeiten hätten, dem Anfänger wird da aber, genau wie Funky-Dragon schon sagte, ein Bild vermittelt, dass so gar nichts mit der Realität zu tun hat. Warum nicht mal Filme mit Einsteigern auf nem Brett ala Starboard Go drehen, die die Schlaufenplugs noch in den inneren Übungspositionen nutzen, trotzdem schon ein bischen gleiten und Spaß haben. Oder ein Film (das meinte ich auch in meinem ersten Posting), der mal zeigt, wie man vom Anfänger zum (erst mal, denn das ist nun mal für die meisten der erste Zwischenstopp) 'brauchbaren' Freerider wird ? Das ganze mit einem entsprechenden Lifestyle garniert (ein paar Jungs und Mädels düsen auf den Brettern übern See, danach Grillen und ne Pulle Kölnisch Wasser zischen. Wenn ich mir ne Flasche Bier aufmache, ist mir egal, ob in der Werbung einer vor nem Leutturm in die Dünen kippt oder auf nem Windjammer mit grünen Segeln die 7 Weltmeere unsicher macht. Für mich als Kunde zählt, dass ich die Flasche öffnen kann und mir das Gebräu schmeckt :)
Beim Surfen sieht das im Vergleich zur Realität doch schon etwas anders aus^^.
Ok, die meisten kriegen ihre Bretter aus dem Boardbag... aber wenig später stimmts dann schon wieder so gar nicht mit der Werbung überein.
An den Brettern liegts jedenfalls nicht. In meinem Bekanntenkreis fahren einige 180 Liter aufwärts (bei entsprechendem Gewicht; SB Go). Die meisten (die so ein Brett bitter nötig hätten um mal Spaß zu haben) würden es mit der Kneifzange nicht anpacken. Aber die Jungs von denen ich gerade rede, fahren die Teile mit 10m² - 6m² und haben einen Höllenspaß auf böigen Binnenrevieren. Die springen damit, fahren Duckjibes, etc. Das sollte man in der Werbung zeigen aber bitte von Durchschnittsfahrern gefahren, nicht von Leuten, die mit so nem Teil für ihren Vertrag sogar einen Doppelloop damit riskieren würden. Dann würde das auch einen Anfänger motivieren, wenn Klaus von umme Ecke damit Spaß haben kann.
Genauso krampfig ist das mit den Tests in diversen Mags. Die meisten kaufen sich Bretter mit denen sie nichts tun können, weil es die besten sind? hallo?
Hatten wir doch letztens noch, dass ein motivierter Anfänger (1 Woche Surfkurs) sich einen Kombat kaufen wollte... Der Spaß kommt für die Masse der Anfänger jedenfalls nur, wenn sie für den Anfang nichts übertriebenes erwarten - nur leider macht die Industrie ihnen gerade das ziemlich schwer.
"Auch gibt es günstige Einsteigersegel die so halbwegs standardisiert sind. Dieses Material läßt sich aber schlecht verkaufen. Warum? Einfach gesagt, ist der Konsument der Schuldige. Er strebt immer eine Form von Exklusivität und Individualität an, die ihn von der Masse hervorheben soll."
Klar, wenn beim Test schon Billigsegel in der Überschrift steht, wer will das denn noch fahren (außer, er kann fahren und hat trotzdem Spaß damit, wenn er die anderen mit ihren Renntüchern versägt, weil die es nicht draufhaben) - aber der Einsteiger ist motiviert, er möchte schnell lernen und dann gut fahren. Er braucht auch ein gutes (teures Testsieger-) Segel. Was er 5 Jahre später denkt, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt.
Ich fahr auch auf sehr entspanntem Material. Was ich dabei an Testsiegern überhole, ist nicht erlaubt und dürfte auch kaum an den Brettern liegen... Aber wenn die Leute im Chop damit kämpfen, nicht einzufädeln oder den nächsten Spinout zu meistern, oder nicht unfreiwillig zu springen (hätten sie ein Brett, das ihnen Selbstvertrauen geben würde, würden sie die Rampe wahrscheinlich sogar nutzen), dann überholt man sie sogar mit nem Comfortcruiser. Und bei richtig Wind gucken sie dann mit ihrem (für sie) unfahrbaren Hitechmaterial in die Röhre, während andere auf dem Wasser mit nem billigen, alten kleinen Brett ihren Spaß haben.
Wozu gibt es denn Werbung? Riiiischtiisch! Um Wünsche zu wecken und Leute zum Kaufen anzuregen. Wer macht die Werbung? Wieder riiischtiiisch - die Industrie. Und was Bewerben sie? Bretter für Forgeschrittene... Welche Bretter sieht der Anfänger?
Die Industrie muss sich nur darüber klar werden, dass ne Anzeige in einem Mag nichts für den Anfänger tut. Der braucht bewegte Bilder, weil er sich das ganze nicht vorstellen kann. Die holt er sich aus dem Inet oder von Kauffilmen. Wer sponsort die indirekt mit 'ihren' Fahrern? Und was zeigen die Filme? Jedenfalls nicht Klaus F. vom Dingsbühler Weiher - eher Mr. Therietehau beim TrippleloopintoSuperman-attempt vor Peahi. Das Greifbare an dem sich Otto Normal orientiert ist dann nicht der Weiher auf dem er Surfen wird.
Ok, das war zynisch - aber konstruktiv gemeint :). Aber sei mal ehrlich Jan - warum hat man am Gardasee früher so viele Sinker gesehen, obwohl die Leute dann doch um 9 aufgestanden sind? Warum stand die Boot in Düsseldorf in den 80ern vollgepackt mit Sinkern von Flamingo, Hitech, Angulo etc. in edelsten Designs? Der Rhein ist sicher kein angemessener Spot dafür ^^ Trotzdem habe ich mir damals die Augen wund geglotzt, hab mich wie erleuchtet gefühlt, weil ich mal 2 Minuten mit Robby Naish sprechen durfte (ok, geredet hat fast nur er ^^). Aber wenigstens konnte ich damals schon gleiten und Fußschlaufen fahren und sogar so was abgedrehtes wie ne Duckjibe. Heute will das keiner mehr lernen - die fangen alle mit NoHandWymaroointoBackloop an - aus dem Stand. Dann wachen sie auf ihrer Liege auf, schieben das Brett ins Bag und erzählen allen, wie geil der Surftag bei 7 bft war. So ähnlich (nur nicht ganz so überzogen) hab ich es früher sogar bei Bekannten erlebt. War man dann wirklich mal mit ihnen unterwegs, zitterten bei oberen 4 die Beinchen und sie konnten nicht abfallen - das Gleiten war Ewigkeiten entfernt und Schuld war ... rate mal! genau, das Material. Passte einfach nicht. Und ich hätte mir mit meiner alten Cobra 305 den Arsch aufgerissen, für seinen geilen Sunset, der so schlecht und unfahrbar war. Ein klasse Brett nur für ihn 80 Liter zu wenig. Hätte er ein Jahr auf nem größeren Brett verbracht, würde er heute vielleicht noch surfen, wie wir anderen auch - nur wenn man nicht mithalten kann, frustet das ganz schön.
Mein Fazit: Zeig den Leuten, wie gut man auf einfachem Material fahren kann und dass es auch normale Surfer machen können und es erreicht sie auch auf Dauer. Die Industrie baut langsam ansatzweise das richtige Material - sie müssten es auch vermarkten. Aber sie wollen erst Kunden und dann investieren. Spassevents auf Testveranstaltungen filmen ("Slalom", vereinfachte "SuperX-events" und GPS-Rennen und danach die glücklichen Visagen der Teilnehmer) und statt des 5000 Willyskipper-Clips mal ein größeres Filmchen ddavon zum Download anbieten. Das ganze dann größer aufgezogen, macht schon Eindruck. Selbst die Xantos-Rennen damals waren gut. Nur hat man nichts davon gesehen. Warum wird denn ein Medium wie das Internet nicht extensiv genutzt? Es gibt sogar Angelseiten, da kannst Du Dir den Lauf jedes Wobblers unter Wasser anschauen, da gibt es Fangszenen zu jedem größeren Köder... Die haben kapiert, wie man Leute erreicht, aber das sind wieder mal die Händler. Ich bleibe dabei. Es bleibt die Aufgabe der Industrie dem Einsteiger und Aufsteiger zu verkaufen, dass er der jenige ist, der Spaß haben wird. Und es ist auch die Aufgabe der Firmen ihnen zu zeigen, wie das geht. Sonst brauchen sie sich nicht zu wundern, dass bald jeder mit dem Kiten anfängt, weil man da schneller größere Erfolgserlebnisse haben kann.
Bei jedem Brett müsste ein Handbuch dabei sein, wie man in die Schlaufen kommt, Trapezfahren lernt, etc. mit allen Trockenübungen und so kleinschrittig wie möglich. Die Knackpunkte sollten dabei mal so beschrieben werden, dass sie auch ANFÄNGER nachvollziehen können - die anderen, die es wirklich verstehen, können sowieso schon surfen.
Aber dazu müsste man jemanden daran setzen, der auch Ahnung davon hat, wie man so was auf das Niveau von Anfängern runterbrechen kann.
Ich kann Dir Schoten von Leuten erzählen, die es nach dem xten Aufbaukurs in 5 Jahren nicht in die hintere Schlaufe geschafft haben. Nach ner Stunde auf dem Rasen, weiteren 20 Minuten bei 2-3 bft auf nem Go waren die soweit, kannten das Gefühl wie sie rein und rauskommen, wie sie ihr Gewicht verteilen mussten und hatten dann auch genug Selbstvertrauen, es bei Gleitwind zu probieren.
Das ist wie in jeder anderen Branche auch. Ich kann ein Brett verkaufen und mich freuen. Oder ich stelle einen Kunden wirklich zufrieden und er kommt wieder und wieder und wieder...
Ich hoffe, meine Gedanken sind nachvollziehbar und ich komm nicht zu ernst rüber ^^
Cheers,
Oliver