Antwort, 16.11.2003 03:03 von Gast
Hallo Lara!
Wenn du noch nicht Fußschlaufen fährst, stehst du noch ziemlich am Anfang. Sei froh darüber - das beste kommt noch! :)
Die Art und Weise wie du ein Brett im Gleitzustand empfindest wird sich mit dem Erlernen des Fußschlaufenfahrens dramatisch verändern. Auch zum Springen, was du ja auch lernen möchtest ist das Fußschlaufenfahren eine der wichtigsten Voraussetzungen. Du wirst damit schneller, kontrollierter fahren, früher angleiten, größere Segel bei gleichem Wind fahren können und dich auch bei Kabbelbedingungen deutlich wohler fühlen.
Ich habe hier im Forum schon ein paar mal beschrieben wie man (Frau) das leicht lernen kann. Wenn es dich interessiert, such einfach mal danach. Ich hab es mal mehr mal weniger aufwendig beschrieben, also ruhig nach den detailierteren Versionen suchen.
Warum gehe ich hier darauf ein? - du hast ja schließlich nach einem Brett gefragt.
Ganz einfach, auf einem großen Brett lernt man diese Grundtechniken deutlich leichter. Meine Empfehlung sind Bretter mit mindestens 160 Litern.
"wäre das JP Freeride ES 159 ein allroundboard?"
Ja das ist es. Es ist aber bauartbedingt wie alle Sandwichbretter relativ empfindlich. In dieser Klasse gibt es etliche gute Bretter: Naish Titan, Starboard Carve 161, Go 165 (robuster), 180 (robuster), Fanatic X-, Sting-, e-Ray 160 (robuster), F2 Powerglide (robuster), etc.
Alle diese Bretter sind schnell, gute Gleiter und gut kontrollierbar.
"hat ja ziemlich viel volumen. aber ich glaub das brauch ich auch noch so die nächsten 2-3 jahre!!
und in 5 jahren oder so, werd ich mir dann eins mit ca.100 l kaufen."
Wenn du wirklich viel Surfen möchtest und auch auf Seen, wirst du dieses Brett länger fahren als du glaubst. Breitere und voluminösere Bretter erlauben wiederum größere Segel. Bei den böigen und schwachwindigen Bedingungen an unseren Seen heißt Segelfläche Gleitzeit und das ist es ja, was wir wollen - gleiten bis der Arzt kommt. Wenn du also heizen möchtest, wenn andere noch dümpeln, kommst du später um ein größeres Segel 9m²+ nicht vorbei. Ich surfe nu schon fast 2 Jahrzehnte und meine meistgenutzte Brettklasse sind Bretter um die 145 Liter. Ich wiege etwas weniger als du (ca 10Kg), da solltest du schon ein paar Liter mehr haben und wenn du Schlaufen fährst, kannst du durch gute Technik auch noch ein paar Liter runtergehen. Zum Lernen aber sind 160 L + wirklich hilfreich. Und diese Bretter passen dann auch genau in den Windbereich den du dir so vorstellst.
Das kleinere Brett wird nie ein Ersatz für das große Brett sein - es sei denn, du surfst wirklich nur bei starkem Wind und/oder an der Küste. Durch die höhere Winddichte und -stärke ist es dort eher möglich mit ausschließlich kleineren Brettern auszukommen. Auf Seen sind die großen Bretter aber der Renner.
Ich fahre z.B. einen Starboard Carve 145 bis gut in die 5 Bft. Erst dann wechsel ich auf ein kleineres Brett, es sei denn, der Wind ist sehr kontant, dann kann ich auch schon bei mittleren 4 auf ein Brett um die 95 Liter.
Der JP ist also schon genau die richtige Brettklasse für meinen Geschmack. Aber auch Bretter wie der Go 180 sind wirklich gut. Nicht ganz so empfindlich und komfortabler durch das weiche Eva-Deck. Trotzdem aber in einem weiten Windbereich zu fahren, schnell und superleicht auf dem Wasser zu handlen.
Persönlich finde ich Naish Titan, Starboard Carve und Go klasse. Das ist aber reine Geschmackssache und hier geht nichts über Testen und Selberfahren der Bretter.
Zum Segel. Nun wirds schwierig. Ausgegangen von den Segeln die du bisher so gefahren bist, lagst du deutlich unter dem Minimum für dein Gewicht. Meine Frau zum Beispiel fährt mit knapp 60 Kg in diesem Windbereich am liebsten Segel um die 7/7.5 m² aber auch mit meinem 8 fühlt sie sich pudelwohl. Bei guten 4 Windstärken ist sie allerdings mit dem 8 schon sehr am Anschlag :)
Für den Anfang sollte man das Segel nicht zu groß wählen. Da du aber nicht am Anfang bist, sondern dich ja schon unter die Aufsteiger mischst, solltest du kein zu kleines Segel wählen.
Das hat mehrere Gründe.
- Du kommst häufiger ins Gleiten und fällst bei Windlöchern nicht so schnell aus dem Gleiten.
- Mehr und konstanterer Segeldruck wird dir beim Erlernen des Fußschlaufenfahrens sehr helfen und dich bei der Festigung deiner Trapezkünste unterstützen. Auch dieses Können hält dich länger im Gleiten.
- ... und Gleiten heißt letztlich Praxis und Übung und daraus resultiert ja bekanntlich Fortschritt :)
Für den Einstieg würde ich dir also bei gut 80 Kg mindestens ein 7.5m² wenn nicht sogar ein 8m² Segel empfehlen (vorausgesetzt du bist ambitioniert).
Die heutigen camberlosen Segel in dieser Größe sind viel leichter als früher und bringen enorme Leistung.
In deutschen Foren werden sehr häufig nur die hier bekannten Marken empfohlen, also Neil Pryde, North, Gaastra, etc.
Ich habe viele von diesen Segeln gefahren oder wenigstens getestet, bin aber auf ganz andere Marken gestoßen, die mich deutlich mehr überzeugt haben. Da ich viel in Holland surfe, wurde ich auf Tushingham aufmerksam. Die sind dort, wie in England auch, sehr häufig vertreten. Nachdem ich ein bischen getestet hab, verkaufte ich meine Neil Pryde V8s und hab mir Tushingham gegönnt.
Die Segel sind superleicht, bombig zu kontrollieren, sehr druckpunkt- und Profilstabil und werden auch derbe overpowert nicht zickig. Meine kleineren Größen sind Thunderbirds ohne Camber(bis 8.0), das größte (9.5m²) ist ein Lightning mit 2 cambern.
Sie sind nicht oder nur selten als Vorjahresschnäpchen erhältlich und angesichts des Preises für neue, aktuelle Segel mußte ich schwer schlucken. Die Leistung und der Spass mit den Teilen hat mich aber doch überzeugt und ich zähle nicht zu den Großverdienern - der Spass und meine Zeit auf dem Wasser waren mir hier wichtiger.
Auch Sailworks Retro (haben auch nen netten Test in der Surf bekommen) finde ich wirklich genial. Allerdings sind die Trimmkräfte für das Vorliek dort wirklich der Hammer. Ohne Trimkurbel würde ich diese Segel aber niemandem ohne Kraft empfehlen. Nur Leute mit drahtigen Armen setzen diese Segel wirklich weit genug durch. Dann aber sind sie spitze.
Ich bin weder mit Tushingham noch mit Sailworks noch mit einem Importeur oder Händler dieser Teile verwandt, verheiratet oder sonstwie verseilschaftet. Aber seit ich sie getestet hab, muß ich dafür ständig Reklame laufen. Bei Brettern sieht das bei mir anders aus. Da gibt es viele die ich wirklich gut finde.
Ich will dich nicht zum Kauf einer Marke überreden, aber was anderes würde ich von meinem heutigen Standpunkt nicht mehr empfehlen da ich festgestellt hab, wieviel mehr Spass ich mit den Segeln habe und wie lange und einfach sie zu kontrollieren sind. Ich habe mich wirklich geärgert, dass ich sowas nicht schon früher gefahren bin :)
Nichts desto trotz sind Gaastra, Pryde, North, Arrows und Co sicherlich auch klasse Segel. Nur die aktuellen Modelle möchte __ich__ nicht haben, was sich bei zukünftigen Modellen auch wieder ändern mag.
Mein Fazit. Große Bretter sind nicht uncool, unsportlich oder langsam. Im Gegenteil. Mittlerweile sind sie sogar richtig schnell und wendig. Sie unterstützen Lernfortschritte ungemein -mehr als mancher annehmen oder zugeben würde und sie bieten einem (bei entsprechend großen Segeln) sehr viel mehr Gleitzeit auf dem Wasser als (zu) kleine Bretter. Sie fördern die Halsentechnik und ermuntern einen auch dazu mehr auszuprobieren und zu tricksen.
Ich hoffe, das hat dir ein bischen geholfen.
cheers,
Oliver