Victor Fernandez

Interview

Victor Fernandez

Der 36-jährige Spanier kann auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken. Drei Titel als PWA Wave World Champion und sechs Vize-Weltmeistertitel hat Victor Fernandez bisher gesammelt. Und damit ist noch lange nicht Schluss…

Wann, wo und warum hast du mit dem Windsurfen angefangen?
Der Einstieg in den Surfsport fand in meiner spanischen Heimat Almerimar im Jahr 1989 statt, da war ich 5 Jahre alt. Mein Vater besaß eine Windsurfschule, dort bin ich zusammen mit anderen Kids aufs Wasser gegangen.

Hat das Surfen dich sofort gepackt oder kam die Begeisterung erste nach und nach?
Ich wurde sofort süchtig. Mein Vater konnte mich noch nicht mal zum Mittagessen aus dem Wasser holen. Danach war es ein kontinuierlicher Lernprozess. Jedes Wochenende nach der Schule ging ich zum Camping Mar Azul, wo mein Vater seine Windsurfschule hatte. Ich verbrachte die meiste Zeit mit Windsurfen, Wellenreiten oder anderem Wassersport. Ich half meinem Vater in der Station, bis ich 14 Jahre alt war und das erste Mal nach Gran Canaria reiste - seitdem bin ich jeden Sommer dort gewesen.

Victor Fernandez

Hast du dich auch für die anderen Disziplinen interessiert, oder war Windsurfen in der Welle für dich von Anfang an das einzig wahre?
Als ich noch jünger war, habe ich auf der Spanischen Windsurf Tour an alle Disziplinen teilgenommen - Slalom, Freestyle, Super X und Formula. Aber im Alter von 22 Jahren beschloss ich auf der PWA World Tour nur noch in der Welle anzutreten, weil sich nach der Abschaffung des Overall-Wertung auch so gut wie alle anderen Fahrer auf eine Disziplin spezialisiert hatten. Wavesailing war schon immer meine Lieblingsdisziplin und ich wollte nur noch zu Spots mit guten Wellen reisen.

Was fasziniert dich am Windsurfen?
Ich liebe das Windsurfen, weil ich es einfach mag die Bedingungen herauszufordern. Ich liebe die Freiheit auf dem Wasser und all die Variationsmöglichkeiten der Moves, auch die Geschwindigkeit, das Springen und das Wellenabreiten. An jedem Tag sind die Bedingungen anders und immer wieder eine neue Herausforderung - ich mag das, weil es auf jedem Niveau immer etwas zu verbessern gibt.

Victor Fernandez

Beim Windsurfen in der Welle ist man mit den unterschiedlichsten Bedingungen konfrontiert, z.B. dem Down-the-Line Abreiten von sauberen Wellen, der Highwind-Action vor Pozo oder der eher Shorebreak-artigen Brandung vor Sylt. Wie bereitest du dich auf all diese unterschiedlichen Anforderungen vor?
Ich bereite mich darauf vor, indem ich mir sehr viel Zeit dafür nehmen. Normalerweise verbringe ich vor dem Event eine lange Zeit in Pozo, und wie ich oben erwähnt habe, habe ich seit meinem 14. Lebensjahr jeden Sommer an diesem Spot auf Gran Canaria verbracht. So war es in den letzten 10 Jahren auch auf Maui, ich reise im Winter für 4 bis 5 Monate nach Maui, um mich auf die Aloha Classics vorzubereiten - auch, weil ich meine Skills für die unterschiedlichsten Bedingungen verbessern möchte. Auf die Bedingungen beim PWA Event vor Sylt bereite ich normalerweise in Dänemark vor, auch um mich an die kalten Temperaturen zu gewöhnen und mein Material für den Einsatz in der Sylter Brandung abzustimmen.

Wie wichtig ist der psychologische Aspekt bei einem Wettbewerb? Bereitest du dich vor, um mental stark zu sein, oder kommt du auch so mit dem Wettkampfdruck klar?
Normalerweise bereite ich mich mental nicht speziell vor, ich fühle mich dann gut, wenn ich auch physisch fit bin. Von beidem ein bisschen vielleicht. Ich denke, es ist wichtig sich selbst gut zu kennen und zu wissen, was man erreichen will und sich dann darauf vorzubereiten.

Früher reichte es oft aus einfach nur gut zu surfen. Was machst du nebst dem Windsurfen für Sport, um deinen Körper zu trainieren?
Windsurfen ist natürlich die Hauptsache, aber ich trainiere mit meinen Trainern in Almeria auch viel außerhalb des Wassers. Sie haben mir beigebracht, wie man für das Windsurfen trainiert und sich je nach Jahreszeit am besten vorbereitet. Das hat mir geholfen Verletzungen zu vermeiden und mein Level zu steigern. Gesundes Essen, gut zu schlafen und auch auf sich selbst aufzupassen ist für mich sehr wichtig. Eigentlich sind alle Aspekte wichtig, denn wir machen extreme Moves und wollen Verletzungen dabei vermeiden.

Mal abgesehen vom Corona-Jahr, wieviele Tage eines normalen Jahres verbringst du mit Reisen? Von anderen Fahrern wissen wir, dass das ständige Unterwegssein anstrengend sein kann. Wie kommst du und deine Familie damit zurecht? Wie organisierst du dein Familienleben?
Vor Covid bin ich tatsächlich viel gereist. Ich war zweimal pro Winter auf Maui, dann noch in Südafrika, Chile und auf den Kapverden. Im Sommer natürlich auf den Kanaren und in der Zeit danach in Dänemark und auf Sylt. Inzwischen bin ich Vater geworden, so dass es schwieriger wird mit der Familie und der ganzen Ausrüstung zu reisen. Deshalb versuche ich jetzt länger an einem Ort zu bleiben und nicht zu viele kleine Reisen zu machen, weil das wirklich anstrengend wäre. Aber meine Familie reist auch gerne, meine Freundin ist eine ehemalige Profi-Kitesurferin, ist also daran gewöhnt und das macht die ganze Sache etwas einfacher.

Victor Fernandez

Du hast inzwischen ein eigenes Windsurfcenter aufgebaut und organisierst auch Wettbewerbe für Junioren. Kannst du uns mehr dazu erzählen?
Ja, ich habe mein Victor Fernandez Center vor 8 Jahren zusammen mit meinem Vater eröffnet. Wir bieten in Almerimar Windsurfen, SUP und Wellenreiten an. Seitdem wir den PWA Jugend World Cup zum ersten Mal in 2018 organisiert haben, fand dieser Event auch in den beiden folgenden Jahren statt. Ein besonderes Ereignis für die Kids, da sich dabei alles nur um die Jugend dreht. Aber es sieht aus organisatorischer Sicht und bedingt durch Covid 19 für Januar 2021 nicht so aus, als würde dieser Event zum vierten Mal in Folge stattfinden können.

Bei der PWA wird es zunehmend schwerer hochdotierte Events zu realisieren. Jetzt steht auch der Aloha Classic auf Maui auf der Kippe (Anmerkung: Wir hatten Victor die Frage gestellt, bevor der Event auf Maui abgesagt wurde). Wenn du auf die IWT schaust, wo es weniger um Preisgeld, dafür um gute Wavespots geht - wird man da auf der PWA Wave Tour nicht ein wenig neidisch?
Es ist schwierig Events durchzuführen und es wird in naher Zukunft noch schwieriger werden. Ich denke es sollte eine große Tour geben, damit das Windsurfen im gesamten Sportbereich stärker repräsentiert wird. Jeder gibt sein Bestes, wir alle wollen eine bessere Tour. Man muss dabei aber berücksichtigen, dass die PWA den Fahrern Mindeststandards bietet: kostenlose Unterbringung für die Top 16, Mindestpreisgeld bei jedem Event, faires Judging, Live-Stream, usw. - all das kostet Geld und Aufwand auf Seite der Organisatoren und Sponsoren. Die PWA könnte auch überall Veranstaltungen abhalten, wenn man auf die eben erwähnten Standards verzichten würde. Das ist aber eine Entscheidung von uns, den Profi-Fahrern, die eben nicht kostenlos antreten wollen und Wert auf Standards legen, die einer World Cup Tour angemessen sind.

Die IWT ist eine interessante Tour, ich finde sie gut und mag die Spots. Aber es ist eher eine Amateur-Tour, die auch gut für einige Fahrer ist, die Events in Südamerika, dem nordamerikanischen Festland und auf Hawaii machen wollen. Es ist auch eine gute Werbung für unseren Sport. Ich hoffe, dass wir eines Tages eine einzigen Tour etablieren können, wie es die WSL beim Surfen getan hat, das würde eine World Cup Serie aufwerten.

Wie werden für dich die nächsten drei Jahre aussehen?
Ich möchte auch in den nächsten Jahren noch an Events teilnehmen, ich habe Spaß am Wettkampf. Ich möchte aber auch einige neue Reiseziele mit der Familie ansteuern und ebenfalls mehr Zeit zu Hause an meinem Heimatort verbringen - ich war in den letzten 15 Jahren nicht viel zu Hause.

05.08.2020 © DAILY DOSE  |  Text: Christian Tillmanns, Jürgen Schall  |  Fotos/Grafiken: Privat / Fernandez, PWA / John Carter