Windsurfen & Reisen mit einer Krankheit während der Corona-Pandemie
Woife lebt im Spannungsfeld zwischen der eigenen Krankheit, Corona und dem Drang, Zeit sinnvoll zu nutzen.

Licht am Ende des Tunnels

Windsurfen und Reisen mit einer Krankheit in den Zeiten von Corona

Woife Strasser kämpft seit Jahren gegen eine schwere Krankheit, surft mit Knochentumoren, hat über 50 OPs überstanden und muss immer wieder in die Chemotherapie. Seine Frau Carola hatte einen Schlaganfall, hat ebenfalls diverse OPs überstanden und arbeitet im Krankenhaus. Windsurfen und Sport hilft ihnen enorm. Während der Corona-Pandemie muss genau abgewogen werden, was besser und gesünder ist: Reisen und Windsurfen oder Zeit zu verlieren und deprimiert zu Hause sitzen.

So bekommt ein Reisebericht, bei dem man sich als gesunder Mensch fragt, ob man in Zeiten von Corona reisen soll, eine ganz andere Ebene. Denn für Menschen, die sehr krank sind, geht es darum, jeden einzelnen Tag so gut wie möglich zu nutzen. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf gilt es die folgende Story zu lesen.

Reisen - Krankheit - Corona
Woife (li.), Carola (re.)

Licht am Ende des Tunnels

Normalerweise verbringe ich die Zeit im März und April zur Saisonvorbereitung auf Sardinien, wo ich fast täglich gute Windsurfbedingungen mit angenehmen Temperaturen vorfinde.

Doch bereits bei der Anreise in diesem Jahr war klar, dass es diesmal bedingt durch Covid19, anders wird als sonst.

Im Januar und Februar verbrachte ich einige kalte Windsurftage auf dem Chiemsee, konnte aber auch 1200 km auf dem Mountainbike radeln und 800 km auf den heimischen Loipen skaten. Ich war also in guter körperlicher Verfassung, um das stundenlange tägliche Windsurfen gut wegzustecken.

Doch nach zehn Tagen auf Sardinien kam der Lockdown und ich konnte gerade noch mit der Fähre abreisen. Die Fahrt von Livorno zum Brenner war gespenstisch, da auf der sonst überfüllten Autobahn keine zehn Fahrzeuge waren.

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Woife lässt es auch mit Schmerzen und nach über 50 OPs noch richtig krachen

Danach, zu Hause, kam die andauernde ungewisse Zeit und der „Entzug“. Anstelle von hunderten Tagen auf dem Wasser, den damit zusammenhängenden Adrenalinaustößen, geht das negative Kopfkino los und es gab erst mal kein Licht am Ende des Tunnels.

Die Fähren für mich und die Flüge für meine Frau waren lange vorher für das zehnwöchige Sommertraining auf Kreta gebucht und bis Mitte Juni war ungewiss, ob man überhaupt reisen kann. Täglich am Laptop sitzen und nachforschen wie die Lage bei uns und in den Ländern ist, die ich durchreisen wollte. Täglich negativer Stress.

Da Griechenland und besonders Kreta zum Reisezeitpunkt so gut wie keine Covidfälle hatten, machte ich mir diesbezüglich keine Sorgen. Ab dem 15. Juni war zwar die Einreise erlaubt, aber die gebuchte Fähre fand nicht statt. Daher sind wir am 20. Juni, ausgestattet mit negativen Covidtests (um jeglichen Problemen an den Grenzen aus dem Weg zu gehen) über den Landweg nach Griechenland gefahren.

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Die Fahrt war sehr entspannt, da es keinen Verkehr und keine Wartezeiten an den Grenzen gab und es gab auch keine Probleme bei der Einreise. Die ersten zehn Tage verbrachten wir auf der Insel Euböä, da ich dort für das Surfmagazin einen großen Spotguide geschrieben habe.

Dort konnten wir uns wieder frei fühlen und Covid trat in den Hintergrund. So war es dann auch auf der gesamten Reise, da wir auch auf Kreta abseits der Touristengebiete unterwegs waren.

Da wir selbst jahrelang auf Kreta gelebt hatten, haben wir immer noch Kontakt zu Einheimischen, die berichten, dass ca. 50% der Betriebe, die vom Tourismus leben (Hotel, Tavernen, Shops, Supermärkte etc.) gar nicht erst geöffnet haben und das auch in der nächsten Saison nicht machen, da sie dann pleite sind.

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Als ich Anfang Juli in Falasarna, einem guten Windsurfspot, im Supermarkt war, gab es außer kalten Getränken nichts zu kaufen, die Regale waren leer und so war es in vielen kleinen Ortschaften. Obwohl in Griechenland fast alle unter den Auswirkungen von Covid im Tourismus leiden, sind die Menschen gastfreundlich und teilen das was sie haben. Das war sehr imponierend.

Das Licht am Ende des Tunnels war, dass ich 75 Tage am Stück extrem gut windsurfen gehen konnte, täglich erschöpft, aber glücklich war. Und täglich habe ich geschätzt wie privilegiert ich bin, das zu durchleben.

Jetzt geht es wieder zu den kleineren Seen z.B in Norditalien Lago di Cavazzo und Lago Santa Croce und hoffen auf Wind „Dahoam am Chiemsee“ und ich hoffe darauf, das ich im Oktober und November die geplanten Reisen nach Norddeutschland, Kroatien und Sizilien und Sardinien machen kann.

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Soweit Woifes Text. Für ihn, der seinen Sport unter Schmerzen ausübt, ist es unverständlich wie unzufrieden viele gesunde Menschen sind. Ihn wundert auch, wieviele negative Kommentare es oft im Internet und auch auf dailydose.de zum Beispiel in den QuickPics gibt. Sein persönliches Motto ist "Hauptsache das Leben spüren" und zu versuchen mit dem Sport das negative Kopfkino in Schach zu halten.

Ein Grund mehr also, dass diejenigen, die gesund sind und Zeit haben, verantwortlich mit der Coronapandemie umgehen, um Menschen wie Woife, der ganz klar ein hohes Risiko trägt, nicht anzustecken. /Red.

29.09.2020 © DAILY DOSE  |  Text: Carola, Christian Tillmanns, National Cancer Institute / Unsplash, Woife Strasser  |  Fotos/Grafiken: Christian Tillmanns, Woife Strasser

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