Windsurf Speed-Fahrtechnik mit Bjørn Dunkerbeck
Bjørn hat seine 42 WM-Titel nicht durch Zufall erreicht.
Der erfolgreichste Profisportler aller Zeiten weiß genau, wie man schnell wird.

Windsurf-Speed-Fahrtechnik

Tipps von Bjørn Dunkerbeck

Der 42-fache Weltmeister Bjørn Dunkerbeck öffnet für die DAILY DOSE Leser seine Trickkiste und verrät, wie auch Amateure richtig schnell werden können.

Sie waren (und sind) ein Team das kaum zu schlagen ist: Während Bjørn Dunkerbeck auf der Regattabahn die Erfolge einfuhr, hielt Victor Couto dem Weltmeister organisatorisch den Rücken frei und sorgte dafür, dass das Material optimal präpariert war.

Jetzt kümmert sich das Team, das seit vielen Jahren um Victors Frau Anne Schindler komplettiert wird, vor allem darum, möglichst viele Menschen aufs Wasser zu bringen und veranstaltet unter anderem dezentrale GPS-Rennen, bei denen sich Amateure und Profis messen können. Wie wirklich jeder an einem von Bjørns Events teilnehmen kann, beschreiben wir weiter unten.

Doch zunächst zur Fahrtechnik und zum Material: Mit nahezu jedem gleitfähigen Material, kann man an seiner eigenen Speed-Technik feilen und die Grundlagen lernen. Dabei fährt man prinzipiell erstmal gegen sich selber und lernt sein Material optimal kennen.

Windsurf Speed-Fahrtechnik mit Bjørn Dunkerbeck
Am Strand steht die Gabel bei Bjørn (ohne Mastfuß) etwa auf Brusthöhe. Die Trapeztampen fährt er relativ weit auseinander.

„Das wichtigste Werkzeug ist nicht der Gummihammer, sondern das GPS.“
Gemeint ist damit, dass nur das GPS, egal ob als App auf der Smartwatch oder dem Smartphone oder als spezieller GPS-Tracker Auskunft darüber geben kann, wie erfolgreich das Setup wirklich ist. Nur hiermit kann man messen, ob eine Änderung sich nur schneller anfühlt oder es auch wirklich ist. „Oft fühlt sich ein schneller Run langsamer an, als ein langsamerer Run z.B. auf Kabbelwasser. Dies liegt daran, dass ein drohender Kontrollverlust oder störende Kabbelwelle sich für uns als gefühlte Geschwindigkeit darstellen“, erklärt Bjørn. Deshalb solltet ihr auf euer GPS vertrauen und nicht auf euer Bauchgefühl.

„Ändere immer nur eine Einstellung an deinem Board oder Rigg.“
Wer Einstellungen ändert, sollte niemals mehrere Parameter gleichzeitig ändern, damit der Parameterwechsel auch eindeutig nachzuvollziehen ist. Am besten schreibt ihr die Änderungen auf und führt eine Art Tagebuch, in dem auch die Windstärke und die Bedingungen des Spots eingetragen werden.

„Ändere immer nur wenig.“
Es bringt nichts zum Beispiel den Mastfuß gleich um mehrere Zentimeter zu verstellen. Die Änderungen sollten in kleinen Schritten vorgenommen werden. Diese Schritte sollten dokumentiert werden (z.B. durch Markierungen), damit Du später weißt, was und wieviel Du geändert hast.

Merke: „Erst wenn Du fünf Mal über 10 Sekunden denselben Speed gefahren bist, solltest Du wieder etwas ändern.“

Windsurf Speed-Fahrtechnik mit Bjørn Dunkerbeck
Ein perfekt ausbalanciertes Rigg hilft nicht nur beim Speedfahren. Guter Trimm und optimal eingestellte Komponenten machen das Windsurfen einfacher.

Das Rigg
Baue Dein Rigg zunächst nach Herstellerangaben auf. Die Hersteller haben viel Zeit investiert, um die grundlegenden Angaben zu etablieren. Davon ausgehend, kannst Du bei Überpower, wenn Du nicht auf ein kleineres Segel ausweichen kannst, etwas mehr Loose Leech eintrimmen und etwas mehr Spannung aufs Shothorn geben. Prinzipiell ist es besser das Segel zu wechseln, als mehr Loose Leech einzutrimmen. Ebenso wird auf Halbwindkurs eher weniger Loose Leech gefahren, als auf raumen Kursen.

Speed wird auf Raumschotkurs gefahren und die Profis nutzen sogar Spacer, die zwischen den Cambern (Profilzangen, die die Latte am Mast abstützen) und den Latten sitzen, um das Profil noch steifer und bauchiger zu machen. Das Profil wird für Speed nicht flachgezogen.

Die Gabelbaumhöhe
Björn fährt die Gabel gerne auf Schulterhöhe. Seine Arme liegen möglichst waagerecht zur Gabel. Wer mit seinem Segel Kontrollprobleme, zum Beispiel bei Kabbelwelle hat, kann versuchen, den Gabelbaum etwas tiefer zu fahren. Wer mehr Power aus dem Segel holen will, kann die Gabel etwas höher fahren. Generell fährt Bjørn die Gabel bei großen Boards und wenig Wind weiter oben und bei einem kleinen Board und viel Wind weiter unten.

Die Mastfußposition
Der Mastfuß sollte zunächst nach den Herstellerangaben montiert werden. Davon ausgehend, kann man dann variieren. Wenn das Board anfängt zu fliegen, kann der Mastfuß etwas nach vorn geschoben werden. Wenn das Board auf dem Wasser zu kleben scheint, sollte der Mastfuß etwas zurück genommen werden.

Das Trapez
Für Björn ist das Sitztrapez für Speed immer noch das Maß der Dinge, um möglichst viel Spannung und Kraft auf das Board zu bringen. Dennoch kann man z.B. ein Hüfttrapez nutzen, wenn man die Beweglichkeit mehr schätzt, als den Kontrollgewinn.

Die Trapeztampen
"Die Tampen sind die persönlichste Sache am ganzen Rigg", sagt Bjørn. Oft sieht man Regattafahrer, die die Trapeztampen extrem dicht zusammen montiert haben. Wie man die Tampen fährt, ist Geschmackssache, dennoch rät Bjørn dazu die Tampen nicht zu eng zu fahren, denn eine enge Montage bedeutet auch weniger Kontrolle. Bjørn selber fährt die Tampen relativ weit auseinander.

Die Finnen
Benutze die kleinstmögliche Finne. Mit der fährst du am schnellsten. Carbonfinnen sind seit ein paar Jahren in Mode. Carbonfinnen fährt Bjørn etwa 2 cm kürzer als in G10.

Das Verhältnis der Finne zur Segelgröße
Bjørn nutzt folgende Kombinationen. Hierbei muss man aber wissen, dass er sehr überpowered fährt und natürlich über überragende Boardkontrolle verfügt:

  • Segel: 9.4 - Finne: 46 bis 50 cm
  • Segel: 8.6 - Finne: 40 bis 46 cm
  • Segel: 7,8 - Finne: 36 bis 40 cm
  • Segel: 7.0 - Finne: 30 bis 36 cm
  • Segel: 6.2 - Finne: 28 bis 34 cm
  • Segel: 5.5 - Finne: 20 bis 26 cm
  • Segel: 5.2 und 5.0 - Finne: 18 cm bis 28 cm

Die Varianzen richten sich nach der Breite des Boards. Je schmaler das Board, desto kürzer die Finne.

Das Board
Optimal für Speed-Einsteiger sind Slalomboards. Aber natürlich kann jeder sein Alltagsboard nutzen, egal ob dies zum Beispiel ein Wave- oder Freerideboard ist, um damit an der Geschwindigkeit zu arbeiten. Das wichtigste ist, dass du auf deinem eigenen Material Fortschritte machst. Dabei muss man aber verstehen, dass dann irgendwann auch Schluss ist. Wirkliche Top-Speeds lassen sich nur mit speziellen Boards erreichen.

Die Körperspannung
Bewege dich beim Speed-Run möglichst wenig, dein Körper sollte vollständig unter Spannung stehen. Du musst versuchen, in deiner Speedposition „einzurasten“. Wer rumhampelt wird langsam.

Die Linie
Nach jedem Run schaut Bjørn zurück, um anhand der Gischtspur zu beurteilen, ob seine Fahrlinie auch gerade war. Die direkte Linie von A nach B garantiert sowohl bei der GPS-Messung als auch bei herkömmlichen Speedwettbewerben den besten Speed. Wer rumkurvt, verliert Zeit.

Der Spot
Du solltest den Spot sehr gut kennen und dich im Vorfeld mit deinem Spot beschäftigen. Ein Beispiel: Ablaufendes oder auflaufendes Wasser produziert Strömungen, die sich wiederum auf die Geschwindigkeit auswirken. Auch Windabdeckungen oder Bereiche mit stärkerer Kabbelwelle bremsen natürlich. Wer auf maximalen Speed aus ist und an GPS Speedsessions teilnimmt, kann durch eine sorgfältige Planung des eigenen Speedstrips erheblichen Einfluss auf die Geschwindigkeit nehmen.

Tipp für Frauen
Die Deutsche Rekordhalterin Anne Schindler sagt: "Lasst euch nicht reinquatschen! Vertraut bei der Materialwahl auf euer Können und Gefühl. Männer schlagen euch oft kleinere Grössen vor, weil sie sich nicht vorstellen können, dass ihr eventuell gleiche Segelgrössen oder mehr als sie fahrt."

Windsurf Speed-Fahrtechnik mit Bjørn Dunkerbeck
Anne Schindler hält den Deutschen Rekord im Speedsurfen. Hier ist sie auf dem Speedkanal in Namibia unterwegs.

Teilnahme am Rennen
Bis zum 1.12.2020 läuft zum Beispiel Björns Dunkerbeck Speed Challenge. Es gibt viele Preise zu gewinnen und die Teilnahme ist gratis. Es nehmen zwar auch Profis teil, Amateure und Speed-Anfänger sind aber sehr gerne gesehen. Den gleichen Wettbewerb gibt es übrigens auch für Foilsurfer (www.gps-foilsurfing.com) und für das nächste Jahr sind von Bjørns Seite bereits drei GPS Speed-Events geplant.

Um teilzunehmen, müsst ihr euch zunächst auf gps-speedsurfing.com anmelden. Ganz vereinfacht gesagt, werden eure Speeds aus hohgeladenen GPS Tracks vom Server berechnet. Aus den Tracks sucht sich der Server dann die jeweiligen schnellsten Tracks aus euren Runs heraus. Wichtig ist, dass eure Schläge mindestens 250 Meter lang sind.

Für den Anfang reicht jegliche Art von GPS Tracker, der eine GPX-Datei schreiben kann. Das ist im Prinzip also jedes Smartphone (mit entsprechender App) aber auch Smartwatches können diese Trackingfiles schreiben. Für vordere Platzierungen werden nur professionelle Tracker, wie die von Locosys akzeptiert.

Auch von der Apple Watch können über einen Trick ohne eine zusätzliche App die GPX-Tracks exportiert werden, wenn die Session von der serienmäßig installierten Fitness App aufgezeichnet wurde. (Health App öffnen, auf das Benutzer-Icon oben rechts klicken, dann alle Gesundheitsdaten exportieren auswählen. Hierbei werden die GPX-Tracks in den Ordner workout-routes exportiert.)

14.10.2020 © DAILY DOSE  |  Text: Anne Schindler, Bjørn Dunkerbeck, Christian Tillmanns, Victor Couto  |  Fotos/Grafiken: Dunkerbeck