Niclas Nebelung

Niclas Nebelung - Interview

Niclas Nebelung ist eines der größten deutschen Freestyle-Talente. Im Interview erzählt der 23-Jährige von Lieblingsmoves, dem Adrenalinrausch beim Wettkampf und seinen Zukunftsplänen.

Wie bist du zum Windsurfen gekommen?
Ich habe im zarten Alter von 10 Jahren mit dem Windsurfen begonnen und jetzt habe ich schon 23 Jahre auf dem Buckel. Ich bin also schon seit einiger Zeit dabei. Das erste Mal auf dem Board stand ich in Holland, am Veluwemeer. Meine Eltern haben es mir gezeigt, da ich in dieser Zeit verletzungsbedingt mit dem Fußball aufhören musste. Man könnte also von Glück im Unglück sprechen. Hätte ich damals keine Verletzung gehabt, wäre ich wahrscheinlich nicht so früh und in diesem Maße zum Windsurfen gekommen und ich wäre vielleicht Bankwärmer eines Drittligisten geworden. Meine Eltern sind enthusiastische Windsurfer. Mein Dad hat damals in den 80er Jahren, als das Windsurfen boomte, sogar selbst Boards und Segel gebaut. Ich glaube, daran ist erkennbar, dass mir das Windsurfen quasi in die Wiege gelegt worden ist.

Was hat dich am Windsurfen fasziniert? Hat dich der Sport gleich mitgenommen oder hat das eine Weile gedauert?
Es war schon von Beginn an so, dass das Windsurfen mich gepackt hat. Ich muss gestehen, dass ich mich für das langsame Hin- und Herfahren nicht ganz so begeistern konnte, aber es ging recht fix, dass ich zum ersten Mal ins Gleiten kam und dann ist das Ganze wie bei den meisten ein Selbstläufer gewesen.

2010 war ich mit meiner Familie auf Bonaire und kam zum ersten Mal mit dem Freestyle-Windsurfen in Berührung. Ich fand es unglaublich faszinierend was die Bonaire-Jungs um Tonky, Taty, Kiri, Youp und Amado aufs Wasser zaubern. Das wollte ich dann auch unbedingt mal probieren, das Freestyle. Und so nahm dann alles seinen Lauf.

Niclas Nebelung

Wie kam es dazu, dass du begonnen hast, Wettkämpfe zu fahren?
Der Wille, Wettkämpfe zu fahren, hat sich mit der Zeit so entwickelt. Natürlich ist es so, dass man mit jeder Stunde auf dem Wasser ein kleines bisschen besser wird. Irgendwann war dann der Anspruch da, sich mal mit anderen zu messen, zu schauen wo man steht. Ich glaube, den entscheidenden Ausschlag gab es 2012. 2012 habe ich am Young Guns Camp in Prasonisi auf Rhodos teilgenommen, einem Camp, organisiert von JP, Neilpryde und dem Christoph Kirchner Surfcenter. Das Camp bot jungen Nachwuchssurfern die Möglichkeit, professionell zu trainieren und erste Wettkampferfahrungen zu sammeln. Am Ende jedes Camps fand eine Competition statt, die ich 2012 zum ersten Mal gewonnen habe. Das hat mich in dem Gefühl bestärkt, dass in der Hinsicht etwas gehen könnte. Daraufhin bin ich meine ersten German Freestyle Battles mitgefahren, wo ich recht schnell gute Ergebnisse erzielen konnte.

Was ist ein Lieblingsmove im Feestyle?
Mein Lieblingsmove im Freestyle ist gerade ein massiver Airskopu, dicht gefolgt vom Shaka. Beim Air Skopu wird man doll umher geschleudert, in etwa wie beim Schleudersturz mit dem Unterschied, dass man anschließend noch auf dem Board steht. Quasi wie ein kontrollierter Schleudersturz bei voller Fahrt.

In der Welle ist mein Lieblingsmove definitiv der Backloop. Es ist ein großartiges Gefühl vom Wind in den Himmel getragen zu werden.

Niclas Nebelung

Welche Moves übst du zur Zeit?
Ich übe gerade am meisten am Double Air Culo, den ich auch schon ein paar Mal sauber stehen konnte. Ich möchte den Move auf jeden Fall sicherer draufbekommen. Ansonsten übe ich den Double Culo auf meiner schlechten Seite und in der Welle übe ich den Double Forward. Aber da bin ich bisher noch nicht so richtig zu gekommen. Vor dem Move habe ich eine ganze Menge Respekt.

Du studierst Wirtschaftsinformatik, warum hast du dieses Studium ausgewählt?
Insbesondere deswegen, weil mich die IT sehr interessiert. Ich habe mich bereits im jungen Alter mit der Funktionsweise eines Computers auseinandergesetzt und immer mal wieder an der Hardware herumgebastelt.

Glücklicherweise ist es auch so, dass die IT gute Jobaussichten bietet. Vor allen Dingen dann auch, wenn man das Ganze mit dem Windsurfen kombinieren möchte. In der IT ist es kein Problem Remote zu arbeiten, also die Arbeitszeiten und Arbeitsplätze selbst zu bestimmen. Ein großer Vorteil, wenn man sich gerade in Kapstadt aufhält und man surfen gehen möchte. Dann verschiebt man die Arbeit eben in eine windstille Zeit.

Niclas Nebelung

Wie gut schaffst du es, in einem normalen Jahr das Studium und Wettkämpfe unter einen Hut zu bringen?
In einem Jahr ohne Corona ist es schon recht schwierig. Das Studium nimmt viel Zeit in Anspruch und die Wettkämpfe und Reisen ebenso. Da muss man dann schon irgendwo Abstriche machen. Ich mache die Abstriche gerade im Studium, wobei die Abstriche auch eher moderat ausfallen. Ich studiere nicht in Regelstudienzeit. Ich nehme mir für das Studium ein bisschen mehr Zeit und kann dafür mehr tolle Momente beim Reisen, Windsurfen und auf Wettkämpfen. Das ist es mir auf jeden Fall wert. Man lebt nur einmal und ist nur einmal jung. Da möchte ich die Zeit bestmöglich nutzen und meiner Leidenschaft nachgehen. Insgesamt erfordert das Ganze schon viel Disziplin. Es ist nicht selten so, dass man zum Surfen möchte und dann aber eigentlich zeitgleich eine Vorlesung machen müsste. Zum Glück ist es meistens gut machbar außerhalb Deutschlands die Uni voran zu bringen, da es in meinem Studiengang kaum Anwesenheitspflicht gibt. Gerade bin ich z.B. mit meiner Freundin, meinem Bruder und seiner Freundin auf Bonaire und bereiten uns für die Saison vor und stecken parallel mitten in der Prüfungsphase. Ist anstrengend, aber auch ziemlich cool.

Niclas Nebelung
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Wie bereitest du dich auf Wettkämpfe vor?
In der Regel reise ich einige Tage vor Start des Wettkampfes an, um mich auf die Bedingungen vor Ort einzufahren. Das ist v.a. dann nützlich, wenn es besonders anspruchsvolle Bedingungen, wie z.B. auf Fuerteventura, gibt. Auf Fuerteventura am Worldcupspot ist es super choppy und sehr böig, also ein dolles Kontrastprogram zu unseren Homespots um Kiel.

Hast du ein festes Wettkampfprogramm?
Ich fange eigentlich immer mit einem Move an, den ich sicher stehen kann. Mein Heat startet in der Regel mit einem Shaka oder Burner. Dann startet man mit einem guten Gefühl in den Heat und das Mentale ist halt auch enorm wichtig. Beim Freestyle ist das Level super hoch, jeder kann jeden schlagen. In der Regel prüfe ich vorher die Movelisten und analysiere, welche Moves man springen und welche man lieber sein lassen sollte. Ich nehme mir dann vor bestimmte Moves im Heat zu zeigen, die dann je nach Bedingungen im Heat variieren können.

Niclas Nebelung

Übst du auch mental für deine Wettkämpfe oder bist du da eher wenig anfällig?
Mental vorbereiten tue ich mich in der Regel nicht. Ich sage mir allerdings vor jedem Wettkampf: "Komm Niclas, du hast nichts zu verlieren. Du kannst nur gewinnen." Das nimmt mir mental etwas den Druck und ich kann den Wettkampf besser genießen.

Niclas Nebelung

Möchtest du auch in andere Disziplinen vorne mitfahren oder bleibst du beim Freestyle?
Der primäre Fokus wird in den nächsten Jahren auf jeden Fall weiterhin auf dem Freestyle liegen. Freestyle macht mir unglaublich viel Spaß. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass ich in Zukunft häufiger in der Welle unterwegs sein werde. Die Disziplin Wave bietet eine gute Abwechslung und bringt mir auch wahnsinnig viel Spaß. Das Gefühl eines hohen Backloops oder Stalled Forwards ist einfach unbeschreiblich.

Kannst du von deiner Windsurf-Karriere leben?
Es wäre wahrscheinlich möglich, wenn ich noch ein bisschen mehr machen würde. Aber da ich eben auch voll studiere, ist es schwer möglich und ich muss auch zugeben, dass ich relativ gerne Geld ausgebe. Ich mache viele schöne Reisen und gebe auch gerne Geld für Essen aus. Aktuell ist mein Leben nicht vollständig durch das Windsurfen finanziert, glücklicherweise greifen mir aber meine Eltern zusätzlich finanziell unter die Arme.

Niclas Nebelung

Was ist dein Lieblingsmove im Feestyle?
Ich hatte im Windsurfen immer das Ziel den Double Air Culo zu lernen. Der Double Air Culo ist wohl das spektakulärste Manöver im Freestyle und nur eine Handvoll Leute haben das Manöver bisher stehen können. Per Zufall ist mein erster gestandener sogar auf Video verewigt worden, ein Riesenglück.

Auf Wettkampfebene habe ich momentan kein konkretes Ziel, aber es wäre schon was Feines mittelfristig in die Top-Ten oder noch besser in die Top-5 zu fahren. Generell liegt aber der Fokus immer darauf soviel Zeit wie möglich auf dem Wasser zu verbringen. Das bringt mir riesigen Spaß und macht mich am glücklichsten.

Niclas Nebelung

Wie siehst du deine nahe Zukunft, steht das Windsurfen einen traditionellen Job nach dem Studium im Vordergrund?
In der nahen Zukunft möchte ich auf jeden Fall den Bachelor abschließen. Das wird nicht mehr viel Zeit brauchen und anschließend würde ich gerne den Master in Kiel machen. Vorerst wird also noch fleißig studiert. Glücklicherweise lässt sich das Ganze gut mit dem Windsurfen vereinbaren.

In das Berufsleben starten würde ich am liebsten mit Ende 20. Wahrscheinlich wird es ein traditioneller Job in der IT-Branche sein. Planbar ist das nicht, aber einen klassischen Nine-to-Five Job kann ich mir momentan nicht vorstellen. Die Freiheiten und Erfahrungen, die man im Studium, sowie auf Reisen genießt und sammelt, sind für mich kein Geld der Welt wert.

08.03.2021 © DAILY DOSE  |  Text: Christian Tillmanns  |  Fotos/Grafiken: Niclas Nebelung, Valentin Böckler

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