Syroco: Ziel 150 km/h
Vom Kite gezogen, fliegt das Syroco und 'hängt' mit dem Foil im Wasser. Der Rumpf hat aerodynamische Steuerflächen wie ein Flugzeug.

Syroco: Ziel 150 km/h

Mit einem Hybrid aus Flugzeug und Foilboot sowie einem Kite als Antrieb will Alex Caizergues den Weltrekord brechen.

Alexandre Caizergues weiß mit hohen Geschwindigkeiten umzugehen. Schon 2017 raste er als Kitesurfer mit 57.98 Knoten (107.38 km/h) über das Wasser. Der Franzose hat mehrfach Geschwindigkeitsrekorde gebrochen und möchte mit der Neuentwicklung ‚Syroco’ bestehende Rekorde für windgetriebene Wasserfahrzeuge komplett aushebeln. Dabei hat Caizergues nicht nur den Sport im Fokus. Seine Vision ist erheblich größer.

„Im Bereich des Wassertransports hat es in den vergangenen 50 Jahren kaum eine echte Weiterentwicklung gegeben,“ kommentiert er mit Blick auf Schiffe, die Waren und Menschen transportieren. Er ist der Meinung, dass es nur mit einer disruptiven Entwicklung gelingen kann, einen nachhaltigen Transport von Waren und Menschen zu ermöglichen.

Ein Prototyp des Syroco existiert mittlerweile.
Ein Prototyp des Syroco existiert mittlerweile.

Mit dem neuen Konzept will das Team um Caizergues den bestehenden Weltrekord von rund 121 km/h nicht nur brechen, sondern weit in den Schatten stellen. Damit dies gelingt, lässt Syroco die Grenzen zwischen Flugzeug, Boot und Kiteboard in einem cleveren Spiel mit den Kraftvektoren verschwimmen.

Das Prinzip ist genial einfach. Die Leinen des Kites entsprechen in etwa auch dem Kraftvektor des Kites. Sie zeigen also die Richtung an, in die der Kite zieht. Auf genau dieser verlängerten Linie ragt auf der Unterseite des Rumpfes ein schwenkbarer Foil ins Wasser, der hier die Aufgabe des kräftemäßigen Gegenspielers übernimmt. Das Gleichgewicht zwischen beiden Kräften führt dazu, dass der Rumpf nicht komplett abhebt und die Kraft des Kites in Vortrieb umgewandelt werden kann.

Wie bei einem Flugzeug wirken bei höheren Geschwindigkeiten am Heck angebrachte Höhen- und Seitenruder. Damit soll der Rumpf aerodynamisch stabilisiert werden. Beim jetzt fertig gestellten Prototypen sind diese Stabilisatoren noch relativ klein. Es ist wahrscheinlich, dass die Größen angepasst werden müssen.

Alexandre Caizergues präsentiert den Prototypen des Syroco
Alexandre Caizergues präsentiert den Prototypen des Syroco

Natürlich gibt es bei diesem Konzept auch Fragezeichen. Es gilt als sicher, dass beim Foil die Kavitation eine große Rolle spielen wird. Beim Windsurfen hat man zum Beispiel beim Spin Out, also dem Wegrutschen der Finne, in vielen Fällen mit Kavitation zu tun. Unter hohem Druck entstehen an den Steuer- und Vortriebsflächenflächen im Wasser, also auch an der Finne, Gasblasen, die dazu führen können, dass die Strömung abrupt abreißt.

Ein abruptes, unkontrolliertes Abreißen der Strömung würde beim Syroco zu einem lebensgefährlichen Risiko führen, denn das Gefährt würde vom Kite unkontrolliert in die Luft gehoben. Aus diesem Grund soll beim Syroco die Kavitation kontrolliert eingesetzt werden. Dazu wird beim Foil ein spezielles Profil eingesetzt, das eine gewisse Kavitation erzeugt, diese aber dadurch kontrollierbar macht.

Sollte das Gefährt dennoch außer Kontrolle geraten, etwa durch einen Kiteloop, bei dem enorme Kräfte aufgebaut werden, können die Leinen des Kites durch eine Sprengladung abgetrennt werden. Wenn der Rumpf bei 150 km/h durch die Luft fliegt und dann möglicherweise seitlich auf das Wasser aufschlägt, treten enorme Kräfte auf. Ob so ein Unfall überlebt werden kann, hängt sicher vom Einzelfall ab.

Bei Syroco ist man sich solcher Risiken natürlich bewusst und versucht diese so weit wie möglich einzugrenzen.

Auch im Windsurfbereich wird zum Thema Speed mit Foils experimentiert. Mit dem Projekt Zephir (Link zum DAILY DOSE Artikel) will Antoine Albeau den Rekord brechen. Fakt ist, aus der Leichtwindecke sind Foils schon lange raus. Es wird sicher spanned zu sehen sein, wohin die Reise führt und welches Konzept sich am Ende durchsetzt.

05.12.2021 © DAILY DOSE  |  Text: Christian Tillmanns  |  Fotos/Grafiken: Hersteller