
Roadtrip Australien - Teil 1
"Still crazy after all these years…" - Chris Hafer hat wieder einmal die Westküste Australiens erkundet und ist vom fünften Kontinent immer noch genauso begeistert wie früher.
»No Worries Mate.« Kaum gelandet, schafft es der Zollbeamte am Flughafen mit seinen Worten, genau das vertraute Gefühl aufkommen zu lassen, das Australien so besonders und liebenswert macht. Alles ist hier entspannter, freundlicher, gelassener… und wenn selbst der Zollbeamte bei der Einreise sagt, hey, alles easy, mach dir keine Sorgen Kumpel, dann weiß man, hier fühlt man sich wohl.

17 Stunden Flugzeit sorgen nicht nur für einen Unterschied in der Mentalität, auch das Land selbst und das Wetter sind anders. Ok, eigentlich sollte das Wetter anders sein, schließlich liegt Australien auf der Südhalbkugel und wenn in Deutschland Winter ist, herrscht dort Sommer. Aber bei fast 16 °C im November in Düsseldorf gestartet, muten dann 14 °C und Regen in Westaustralien seltsam an. Nicht nur die Kängurus schauen im wahrsten Sinne des Wortes bedröppelt drein. Auch ich bin erstmal erstaunt und „not amused“.

Erster Anlaufpunkt nach der Ankunft in Perth war – das ist für mich fast schon Tradition – Lancelin. Ein kleines Fischerdorf 150 km nördlich von Perth, mit 300 festen Einwohnern, die man aber kaum wahrnimmt. Dazu kommen an Feiertagen und Ferien zeitweise geschätzt 2000 Gäste aus dem nahegelegenen Perth hinzu, und dann kann es durchaus legendäre Partys in der altehrwürdigen Endeavour Tavern geben...

Es gibt sie doch noch; die Orte, die beinahe zeitlos sind, an denen sich nichts verändert und die ihre eigene Atmosphäre haben. Die sich nicht, wie viele anderen Orte in Westaustralien, im Laufe der Jahre entlang der Küste immer weiter ausdehnen. Wo sich immer neue Vororte bilden, die irgendwann zu einer einzigen Stadt verschmelzen.

In Lancelin hat sich nichts verändert, in den 25 Jahren seitdem ich das erste Mal da war, abgesehen vom Küstenverlauf. Wie auch an anderen Stellen haben die Winterstürme einiges an Strand und Land weggespült. Und egal wie sehr versucht wurde, diesen Landverlust durch künstliche Maßnahmen rückgängig zu machen oder zu stoppen, die Natur sitzt einfach am längeren Hebel.

Ich war vor vielen Jahren über einen Bericht im Surfmagazin auf die Spots an der australischen Westküste aufmerksam geworden. Damals waren das noch Wavespots für Pioniere, mit einschüchternden Namen wie Hole in the Wall, Tombstone, Surgeons Table. Berichte über flache scharfe Riffe, Haie, hohe Wellen plus die Fotos von endlosen Straßen durch die sonnenverbrannte Landschaft und harte Locals klangen nach Abenteuer und machten neugierig.

Soviel vorweg, die Berichte stimmten, all das bietet Westaustralien auch heute noch, speziell was die endlosen Straßen angeht. Ich glaube, es gibt wenige Orte auf der Welt, auf denen sich das Gefühl eines Roadtrips so schnell einstellt wie in Westaustralien auf Spotsuche.

Nach ein paar Tagen in Lancelin, in denen sich auch das Wetter wieder auf australische Standards inklusive schöner und leerer Wellen am Außenriff umgestellt hatte, war mein Mietvan dank der befreundeten Einheimischen und deutscher Ingenieurskunst campingtauglich gemacht worden. Erstaunlich wie ein Tischgestell und ein Stück Lattenzaun im Sinne der Nachhaltigkeit zu einem perfekten Bettgestell umfunktioniert werden können. Kühlbox, Kocher, Stühle, Bettzeug komplettierten dann den Van.

Coral Bay
Dann lockte die Coral Bay bei Exmouth mit ihren karibischen Wasserfarben. Die 12h Fahrzeit – mit gefühlt 3 Kreuzungen wurden, trotz eintöniger Streckenführung immer schnurgerade über den flimmernden Highway, nicht langweilig. Teilweise um Haares- bzw. Federbreite kam es zu Beinahekollisionen mit dem lokalen Wildlife. Kängurus und Emus scheinen besonders suizidgefährdet zu sein, so wie sie hinter Büschen am Strassenrand lauern, um vor das nächste vorbeifahrende Fahrzeug zu hüpfen.

Für Verwunderung sorgen mitten in der roten Landschaft Brücken, die über staubige trockene Bachbetten führen. Irgendwie wirken die Warnungen vor Überflutungen seltsam, wenn nirgendwo ein Tropfen Wasser zu sehen ist. Wie schnell sich das ändern kann, sieht man aktuell in den Nachrichten über Nordwest-Australien, wo derzeit eine der schlimmsten Überschwemmungen seit 100 Jahren wütet.

Die Windsurfbedingungen in der Coral und Turquoise Bay sowie rund um Exmouth bieten für alle etwas, vor allem aber für Leute mit kurzen Finnen und einem guten Auge für Hindernisse im Wasser. Das Riff, das für die traumhaften Wasserfarben sorgt, ist stellenweise wirklich flach, bietet aber in Verbindung mit den tropischen Temperaturen perfekte Bedingungen für Unmengen an Wasserschildkröten und Rochen in allen Varianten.

Dazu kommen im Oktober November noch vorbeiziehende Wale und Walhaie und sogar Dugongs in der Sharkbay. Schnorchel und Taucherbrille lohnen sich hier definitiv, wenn man gefühlt im Filmset von »Findet Nemo« schwimmt.
Teil 2 des Artikels findet ihr hier: Australien Roadtrip - Teil 2
03.02.2023 © DAILY DOSE | Text: Chris Hafer | Fotos/Grafiken: Chris Hafer