Gnaraloo muss man sich über 80 Kilometer Sandpiste erarbeiten
Gnaraloo muss man sich über 80 Kilometer Sandpiste erarbeiten

Australien Roadtrip - Teil 2

Der zweite Teil des Roadtrips führt uns unter anderem nach Gnaraloo im Nordwesten Australiens.

Gnaraloo
Gnaraloo ist einer jener Namen, der schon fast Legendenstatus genießt. Nahezu endlose Wellen brechen über das Ningarloo Reef und bieten absolut perfekte Bedingungen für Wellenritte. Dass dieser Spot nicht völlig überlaufen ist, liegt an seiner Location, seiner Abgeschiedenheit. War es lange Zeit verpönt, preiszugeben, wo die Videos oder Bilder von der perfekt brechenden Welle gemacht wurden, stellt schon die Anfahrt über 80km Sandpiste hohe Anforderungen an das fahrerische Können und die Nerven.

Vor Jahren bedeutete ein Trip nach Gnaraloo noch fast völlige Wildnis, eine echte Outback-Erfahrung. War das mitgebrachte Wasser oder Essen aufgebraucht, trat man den Rückweg an. Schatten war fast nicht vorhanden, wenn kein Wind wehte, erreichten die Temperaturen in Verbindung mit den Unmengen an Fliegen und dem feinen Staub wirklich überall ein Stadium, an dem selbst buddhistische Zen Mönche an die Grenzen ihrer Geduld stoßen und mit einer Fliegenklatsche Amok laufen würden.

Camping in Gnaraloo
Camping in Gnaraloo

Inzwischen ist es einfacher geworden. Man kommt leichter hin, auch wenn die letzten 80 km immer noch staubige Dirtroad sind. Aber vor Ort gibt es inzwischen Duschen, man kann das Nötigste einkaufen, also sogar kaltes Bier, und angeblich gibt es manchmal sogar Internet-Empfang. Zudem sind Australier Profis in Sachen Camping. Während hier in Europa Wohnmobil angesagt sind, passen sich die Ozzies auf ihre Weise den lokalen Gegebenheiten an. Die Standard-Kombination besteht aus einem geländegängigen 4WD mit Schnorchel und einem doppelachsigem Anhänger, ebenfalls voll geländetauglich. Dazu kommt ein Stromgenerator, eine Solaranlage, eine Kühlbox und eventuell wird noch ein Boot auf das Dach gepackt, zum Fischen...

Windsurfen in Gnaraloo
Gnaraloo ist ein Reefbreak.

Man kann von Glück sprechen, wenn man wie wir einen solchen Campingprofi als Nachbar im Camp hatte. Denn wenn, typisch australisch, der Grill angeworfen wird, lädt man die Nachbarn zum Barbecue ein. Böse Zungen behaupten, ein australisches 7-Gänge-Menü besteht aus einem Steak und 6 Bier. Auch wenn da ein Fünkchen Wahrheit drin steckt (zumindest was die Anzahl der Biere angeht..), grillen können die Australier. Und wenn dazu noch die frischesten Fische und Langusten aus dem Meer kommen, kann kaum ein Sterne-Restaurant mithalten.

Gnaraloo
Gnaraloo

Unser Nachbar Huon, ein Kiter aus Geraldton, war allerdings nicht nur ein Virtuose am Grill. Dank seiner professionellen Ausrüstung gab es in der multinationalen Runde Frozen Margaritas mit frisch gecrushtem Eis als krönenden Abschluss…. Huon hätten wir definitiv 5 Sterne bei Tripadvisor gegeben. Huons Einsatzt wurde allerdings vom Sternenhimmel inklusive Milchstrasse deutlich überboten… Unfassbar, was zu sehen ist, wenn kein künstliches Licht die Sicht auf die Sterne einschränkt.

Windsurfen in Gnaraloo
Windsurfen in Gnaraloo

Als Wind und Wellen eine Pause einlegten, machten wir uns wieder auf den Weg in die Zivilisation, in dem Fall ins 1,5h entfernte Carnavon. Bei dem Versuch in einem der örtlichen Bottle Shops die nach den Tagen in Gnaraloo geschrumpften Wein- und Biervorräte wieder aufzufüllen, wurden wir von dem Verkäufer auf die polizeilich verordnete Beschränkung auf eine Flasche Wein oder ein 6pack Bier pro Person bedauernd hingewiesen. Nein, nicht Lieferengpässe aufgrund von Corona, sondern eine Beerdigung eines Aborigines waren der Grund und die deshalb befürchteten Ausschreitungen der zahlreich angereisten Ureinwohner. Denn scheinbar gehört diese Gruppe zu den eher sozial abgehängten Gruppen, schon traurig.

Der Kalbarri Nationalpark liegt etwa 600 Meilen nördlich von Perth.
Der Kalbarri Nationalpark liegt etwa 600 Meilen nördlich von Perth.

Geraldton
Geraldton, die Heimat von Surfprofi Jaeger Stone, bietet für viele das Beste aus beiden Welten. Ein etwas größerer Ort mit entsprechender Infrastruktur, einer Vielzahl von Surfspots für jeden Geschmack. Ein Tipp für einen der wenigen windlosen Tage ist das Geraldton Maritime Museum am Sporthafen. Die Geschichten über die zahllosen Schiffswracks entlang der Küste zeigen besser als jede Windstatistik das Potential der Surfspots…

Schilder, die vor Naturgefahren warnen, sollten ernst genommen werden.
Schilder, die vor Naturgefahren warnen, sollten ernst genommen werden.

Zurück nach Lancelin
Lancelin war dann unser letzter Stop in Westaustralien, es fühlte sich fast an wie nach Hause kommen, wenn einen die Einheimischen wie einen alten Freund begrüßen und auch die Delfine im Wasser Hallo sagen. Auch die Bedingungen enttäuschten nicht, ich hatte einen wirklich guten letzten Tag ganz alleine am South Passage Riff, bevor es wieder hieß, alles wieder flugtauglich zu verpacken. Allerdings nicht ohne eine inzwischen lieb gewonnene Tradition, ein Bier zum Sonnenuntergang in den scheinbar endlosen weißen Sanddünen hinter Lancelin, mit Blick auf die Sonne, wie sie im Indischen Ozean versinkt und man sich bereits auf den nächsten Trip freut…

Ja, auch nach 25 Jahren bin ich immer noch süchtig danach….

Danke an mein Sponsoren: GUN Sails, Maui Ultra Fins, Prolimit, Powerbar, Windflüchter

In Gnaraloo gibt es auch Flachwasser.
In Gnaraloo gibt es auch Flachwasser.

Reiseinfos:

Viele schreckt der lange Flug ab, aber die Stunden im Flieger lohnen sich bei einem nicht zu kurzen Aufenthalt. Nicht zu unterschätzen sind die Distanzen vor Ort. Australier haben ein anderes Verhältnis zu den langen Strecken, die zum Teil zwischen den Spots liegen. An dieser Stelle eine deutliche Warnung: In der Dämmerung, also früh morgens oder abends und Nachts zu fahren ist wegen der vielen dämmerungsaktiven Tiere definitiv gefährlich und nicht ratsam!

How to get there:
Etwa mit Emirates von Düsseldorf via Dubai nach Perth, Materialmitnahme gegen Aufpreis innerhalb bestimmter Freigepäckgrenzen möglich.

Mietwagen:
Je nach Budget und Anspruch gibt es vom offroad-tauglichen Camper bis zum Kleinwagen für jeden Geldbeutel und Geschmack etwas. Google hilft hier am besten weiter. Mein Tipp: ACE Car Rental in Redcliff (acerent.com.au )

Material:
Eigenes Material ist am besten, vor allem wenn man an die verschiedenen Spots will. Alternativ kann man in Perth Material mieten (http://windsurfwa.com/WA/gear.html )

Wohnen:
Lancelin: Lancelin Lodge, erstklassige Unterkunft direkt am Surfspot: www.lancelinlodge.com.au

Alternativ gibt es einen Campground oder Appartements zu mieten.

Geraldton: Sunset Beach Caravanpark oder Campen am Coronation Beach

Gnaraloo Station bietet Campgrounds und inzwischen auch Apartments an: gnaraloostation.com

Eine hohe Salzkonzentration sorgt für die ungewöhnliche Farbe des Pink Lake.
Eine hohe Salzkonzentration sorgt für die ungewöhnliche Farbe des Pink Lake.

Bedingungen:
Generell sind die Monate November bis März fast durchgehend gut, Waveboard um 80/90 Liter und 4.2 bis 5.3 passen fast immer. Shorty oder Kurzarm, wichtig ist Schutz vor der Sonne, also etwa Langarmlycra. Bis auf Sunset Beach in Geraldton gibt es fast nirgendwo Shorebreak, man sollte sich an jedem Spot von jemand der sich auskennt, erklären lassen, wo es wirklich flach wird, denn das Riff ist meist ziemlich hart und scharf….

Sonnenuntergang in Geraldton
Sonnenuntergang in Geraldton

Spots:

Lancelin: Das Rundum-Sorglos-Paket; Flachwasser, 3 Wavespots, Duschen, Wiese zum Aufriggen, gute Infrastruktur. Berühmt auch für den Lancelin Ocean Classic jeweils Anfang Januar.

Geraldton: Coronation Beach Kaum ein anderer Spot eignet sich so sehr für entspanntes Sprungtraining. Flaches Wasser im vorderen Bereich und dann Rampen in jeder Höhe. Etwa 30km nördlich von Geraldton. Inwischen ist die Zufahrt geteert, und man kann sogar gegen eine Gebühr direkt am Spot campen, an dem inzwischen sogar ab und zu ein Food Truck leckeres bietet.

Sunset Beach Sehr ordentlicher Shorebreak, funktioniert erst ab einer bestimmten Swellhöhe, Beachbreak, mit guter Infrastruktur direkt vor dem Caravanpark.

Point Moore Nur für Experten, Welle bricht über ein flaches Riff sehr weit ausserhalb, an einer Landzunge. Bei Materialbruch kann man sich auf eine lange Reise als Treibgut einstellen!

Australien Roadtrip - Teil 2

Teil 1 des Artikels findet ihr hier: Australien Roadtrip - Teil 1

04.02.2023 © DAILY DOSE  |  Text: Chris Hafer  |  Fotos/Grafiken: Chris Hafer